Samstag, 30. Dezember 2006

rauhnachts-meditation n°6

6. Rauhnacht: 9 der Kelche


Karte aus dem Crystal-Tarot
Zu nehmen, zu geben des Glückes Gaben,
Wird immer ein groß Vergnügen sein.


Goethe

Freitag, 29. Dezember 2006

rauhnachts-meditation n°5

5. Rauhnacht: Prinzessin der Kelche


Karte aus dem Goddess Tarot

Ich lese Luisas Buch Das Gras wachsen hören. Die spirituellen Fähigkeiten des Körpers jetzt zum ... ca. 3. Mal. Und dieses eine Kapitel - Sex und spirituelle Energie - liegt mir schon wieder quer in der Kehle. Beim Bild der Prinzessin der Kelche muss ich daran denken.

Männer sind faul. Trotz der dramatischen Veränderungen, durch die Frauen gegangen sind, verhalten sie sich immer noch, als hätten sie es gar nicht nötig, auf Frauen einzugehen oder über ihr Verhalten und die Grundmuster von Beziehungen nachzudenken. Stattdessen machen sie den Frauen Vorwürfe: Weil ihr so stark seid, suchen wir uns Schwächere, "Emanzen" als Auslöserinnen für Kinderprostitution? Auf die Idee, endlich einmal an den verkrusteten Strukturen der Mann-Frau-Beziehung zu arbeiten, kommt kaum ein Mann.
S. 90 f

Frauen sind fair. Sie schreiben selten Bücher, in denen sie sich über die Versuche der Männer lustig machen, mit einer Frau "guten" Sex zu haben.
S. 86 f

Wenn Frauen so ehrlich wären wie in Frauengruppen, würden sich Männer nicht mehr ohne ihren Therapeuten auf die Straße trauen.
S. 86

So.
Ich werde mich hüten, die Sauereien, die Frauen immer noch und immer wieder, rund um den Globus, im Verborgenen und in der Öffentlichkeit erdulden müssen, hier schön zu reden. Ich will sie auch nicht übersehen. Ich will nur über was anderes schreiben. Nachdem viele Frauen (und Männer) Luisas Bücher lesen, gehe ich davon aus, dass sich eine nicht unerhebliche Zahl in dem Geschriebenen wieder erkennt. Und wer bei den obigen Auszügen "Ja! Stimmt!" gerufen hat, dem möchte ich sagen: es gibt Licht am Ende des Tunnels.

Es wird persönlich. Aber anscheinend muss es ja sein. "Wenn Frauen so ehrlich wären wie in Frauengruppen..."

Zunächst einmal: vielleicht ist es eine Generationsfrage, vielleicht gibt es tatsächlich so etwas wie "neue Männer", vielleicht hab ich Glück gehabt, oder die Luisa Pech, vielleicht ist es einfach das Leben, jedenfalls: in meinen Beziehungen und Liebschaften hab ich das so nicht erlebt. Die Männer, denen ich selbst mein Herz nicht gänzlich öffnen wollte (Hosenscheißer-Symptom), lasse ich hier einfach aus. Denen, die ich geliebt habe und liebe, kann ich guten Gewissens ein "Sehr gut!" ausstellen.


Alles Männer, die mich auf der Suche nach der Weibskraft nicht nur unterstützt, sondern in Riesenschritten weitergebracht haben. Männer, die bereit waren, der Wilden zu begegnen. Und, für mich besonders schön: sie haben mich auch den Wilden Mann kennenlernen lassen und mein Vertrauen in meine eigene Männlichkeit gestärkt.
Diese Lieben haben meine spirituellen Kanäle nicht geschlossen, wie von Luisa behauptet wird, sondern sie im Gegenteil weit geöffnet. Dementsprechen wurde auch der Sex zum Gebet, zu einem Tanz, einem Ausdruck purer Lebensfreude und Liebe.

Es wird gerne behauptet, dass Männern die Auseinandersetzung mit der wilden Ursprünglichkeit einer Frau Angst macht; dann werden sie gerne als Schwanzeinzieher gehandelt. Frauen, die aus Angst vor dem Einlassen Schaden bei sich und anderen anrichten, kommen meist ungeschoren davon (oder mit dummen "Ah, die Weiber..." - Kommentaren). Vielleicht ist das nur gerecht (Frauen die sich einlassen, werden ja auch recht häufig wieder "zurechterzogen"). Schwanzeinzieher gibt's bestimmt zur Genüge. Zum Thema "Wildheit" möchte ich nur kurz anmerken, was mir ein Freund einmal erzählt hat - es war ein sehr persönliches Gespräch, aber ich denke, unter diesen Umständen darf ich es erwähnen:

Er hat mit Frauen geschlafen, die sich selbst wahrscheinlich als "wild" bezeichnet hätten. Kratzen, beißen, schreien - alles dabei. Er war verliebt, hatte den ehrlichen Wunsch, den Frauen nahe zu sein, sich vorzutasten, zu forschen, Liebe zu machen. Es ging nicht, weil er irgendwann feststellen musste, dass sie ihre Körper "abgeschaltet" hatten, da ging nix durch außer beinah roher Gewalt. Sie hatte keine rechte Freude daran, er auch nicht, also haben sie geredet. Das fand ich sehr lustig, weil es ja oft heißt, dass die Männer zu den Prostituierten gehen, um "einfach nur zu reden"... Ja klar, ein guter Liebhaber muss schon sozusagen mit dem Hirn einer Frau Liebe machen können.

Meine Mutter hat mir erzählt, dass manche ihrer Klienten - besonders Frauen - bei der Shiatsu-Massage gewisse Berührungen einfach nicht spüren, selbst wenn sie mit der ganzen Hand und recht beherzt zugreift. Nix da. Körper ausgeschaltet. Warum das so ist, ist in jedem Fall verschieden, aber es hat fast immer auch was mit der Angst vor der eigenen Kraft zu tun.

Ich denke nicht, dass mit "Wildheit" diese fast schon körperliche Gewalt gemeint ist. Ich bin dieser Form von Vorlieben einmal begegnet und durfte sie frohen Herzens unter "Nein, nicht nochmal" einreihen.


Bei der Prinzessin der Kelche geht es für mich um die Entfaltung der weiblichen, wässrigen Kraft - sanfte Stärke, sagen die Chinesen. Wasser trägt über kurz oder lang jedes Hindernis davon. Fällt es von der Klippe, zerschellt es nicht am Boden - es kommt wieder zusammen. Das ist also keine Wildheit, die kratzt und beißt, finde ich (außer sie möchte, hehe), eher wie ein wilder Gebirgsbach - der natürlich ebenso furchteinflössend und ehrfurchtsgebietend sein kann - weil ihn einfach nichts zurückhält.

Ich habe als junges Mädchen häufig davon geträumt, eine Frau befriedigen zu müssen. Das waren riesenhafte, wilde, unheimliche Frauen, bei denen ich einfach nicht wusste, wo ich anfangen soll. Ich hatte panische Versagensangst. Es hat seine Zeit gedauert, bis ich vor meiner eigenen, wilden Ursprungskraft keine Angst mehr hatte. Ab diesem Zeitpunkt haben sich auch diese Träume verändert, ich wurde zur Handelnden, tauchte in mir selbst unter, fühlte mich geborgen und voller Kraft. Ich kann jetzt zum Mann werden, wenn ich möchte; und habe erfahren, dass in einer Beziehung zwei Paare zusammenkommen: Mann und Frau, seine Anima, ihr Animus.

Jeder Mann, der angesichts der großen Aufgabe, eine Frau zu befriedigen, zittrige Knie kriegt, hat also mein ganzes Mitgefühl. Ja, Frauenkörper sind komplexer, verschachtelter, anders vernetzt. Selbst hochsensible Männerkörper sind häufig weniger empfindlich als Frauenkörper, die Lust spielt sich noch mehr im Hirn ab. Eine Frau kann sich bei der Zeitungslektüre einen runterholen, darüber staunt der Mann nur so. Aber statt die Männer darob zu bemitleiden, oder sie sensibler machen zu wollen, kann man die ganze Sache ja umkehren und als Glück ansehen - weil sich beide Seiten wunderbar ergänzen.

Ja, klar, faule LiehaberInnen gibt's genug. Aber ich gehe wieder nach dem Spiegel-Prinzip: wenn mich ein Sex ungesättigt und unglücklich zurückgelassen hat, dann war ich eben noch nicht bereit für was "Besseres". Wenn ich keinen Orgasmus habe, dann liegt's nicht am anderen - der kann noch so hingebungsvoll werkeln, wenn etwas in mir nicht aufmachen mag, dann eben nicht. Der Körper hat schon seine Gründe.

Donnerstag, 28. Dezember 2006

rauhnachts-meditation n°4

4. Rauhnacht: Der Stern


Karte : Goddess-Tarot
Buch:
Das Gras wachsen hören, von Luisa Francia
Tee: Pfefferminz

Mittwoch, 27. Dezember 2006

rauhnachts-meditation n°3

3. Rauhnacht: 6 der Münzen


Karte aus dem Crystal-Tarot

Der Himmel neigt sich der Erde zu, die Erde wächst in den Himmel: ein Bild des Austauschs. Der März.

Keine Kleinigkeit bleibt unbeachtet, nichts wird über- oder unterschätzt. Die Grenzen zwischen Herrschern und Beherrschten sind Illusionen, denn beide brauchen einander.

Der Körper, die Materie, wird ausgelüftet und das Gemüt bekommt frischen Schwung durch die aufsteigende Lebenskraft. Oben und Unten tauschen sich aus: der dunkelste Erdboden bekommt Informationen aus den höchsten Höhen. Das Dunkle ernährt das Helle.

Alle Teile tun sich zusammen, damit neues Leben entsteht.

Dienstag, 26. Dezember 2006

rauhnachts-meditation n°2

2. Rauhnacht: 4 SchwerterKarte aus dem Crystal-Tarot

Ich denke an die schönen, samtdunklen, ruhigen Nächte, in denen der Mond in mein Zimmer scheint und sich auf mein Bett legt.
Das wunderbare Gefühl, wenn man erschöpft in die Laken gleiten kann und sich die Nacht als kühler Schleier auf die Stirn legt.

Das Hirn eine Runde abhängen lassen, wie auf der Wäscheleine.

Die 4 Schwerter tauchen als Ratschlag gerne auf, wenn alles was ich brauche, eine Portion Schlaf ist. Wenn ich renne und renne, und mit dem Hirn durch die Wand zu verstehen versuche. Wenn ich vor lauter Eifer übersehe, dass ich nicht immer über einen Stein steigen muss, sondern dass der Weg frei ist - oder dass sogar überhaupt nichts zu tun ist.

Es gibt eine schöne Meditation, die mich an das Bild der 4 Schwerter erinnert; die Konzentration auf den Ursprungspunkt, genau im Zentrum des Schädels.
Überhaupt ist das Zurückziehen des Geistes auf einen Punkt - sei es zwischen den Augenbrauen, oder am Bauchnabel, oder im Herz... - ein wunderbares Mittel zur Erholung. Wenn der Rückzug mit dem Rauschen des Atems verbunden wird, entsteht bewegte Konzentration; was vorher geklemmt hat, kommt wieder in Fluss.

Im Februar merke ich, wie ich Lust auf den Frühling kriege, aber der klemmt noch, will nicht so richtig. Natürlich dauert es dann besonders lang. Das geschäftige Tun aber ist noch völlig umsonst, die Pflanzen und Säfte lassen sich Zeit.

Dann brauche ich Er-Holung im Sinne von Nichts-Tun, Abwarten, Ruhen, Besinnen. ErHolung - fragt sich nur, was holt da was zurück? Ich hole meinen Geist wieder in die Mitte seines Hauses, richte ihm in meinem Körper einen Ort ein, wo er sich sammeln kann und rastet. Guter Plan für den Februar...

Montag, 25. Dezember 2006

rauhnachts-meditation n°1

1. Rauhnacht: Die Welt

Karte aus dem Crystal-Tarot

Ein Kreis schließt sich – ich drehe mich auf der Spirale eine Ebene höher. Ich sterbe ein kleines Stückchen mehr auf dem Weg zur Vollendung:

Januar – die Zeit, in der mich die Todesangst packt. Ich liege wach, warte darauf, dass mein Herz einfach zu schlagen aufhört – was wird passieren?

Ich stelle mir das Sterben vor; ein großes, letztes Ausatmen… oder vielleicht ein Eingeatmet-Werden von der Welt.

Überhaupt, das Atmen…

Ich lasse die Welt in mich durch meine Arme, meine Lungen, aber vor allem durch mein Herz. Ich breite die Arme aus, im Yoga, ich atme mich selbst groß und frei, bis sich mein Innerstes so geräumig anfühlt wie ein ganzes Universum. In solchen Momenten erkenne ich, dass in mir Platz ist für die Fülle und Vielfalt der ganzen Welt; ohne Wertung, bloß bestaunend, haltend, und voller Freude.

Yoga ist das „Joch“, das bindet. Keine Unterdrückung, sondern Zusammen(d)rücken und Vereinigen aller Teile. Gliedmaßen bewegen sich zueinander, Gelenke verankern sich ineinander, geben Stabilität und Kraft. Aus ihr kann echte Größe wachsen:

eine Dehnung, die umso höher wächst, je mehr die Muskeln in den Tiefen sich daran erfreuen lernen, ihr Halt zu geben.

Wie weit reicht dann meine Dehnung?
Wie weit strecke ich meine Körperwelt in die Außenwelt hinaus?
Wie weit getraue ich mich, die Verkettung zu erkennen?

Bis zum Kind, das meine Abgase einatmet?
Dem Baum, der mir jetzt als Unterlage für mein Frühstück dient, oder auch für den Computer, an dem ich jetzt schreibe?
Bis zum Bauern, der mir meinen Nachmittagskaffee gepflückt hat?

Erkenne ich, dass ich durch die Körperwelt das gesamte Universum berühren kann? Die Energie folgt immer den Gedanken; dem Herzen.

Ich gehe auf Boden, der schon viele vor mir getragen hat: ich atme dieselbe Luft wie sie, ich höre ihre Musik, lebe in ihren Häusern, betrachte ihre Bilder, lese ihre Bücher.

Mit einem offenen Herzen die Welt berühren heißt für mich, selbst in sie hinein zu gleiten und die Welt zu werden.

Der Stier, der Löwe, der Adler, der Engel: Ausdauer, Mut, Scharfsinn, Liebe; sie ergeben Schönheit, Frei-Sein.

Für den Januar wünsche ich mir, Fähigkeiten zu entwickeln, mit denen ich auch den hässlichen Seiten des Lebens (und damit auch meinen eigenen) heiter und unverzagt begegnen kann, um sie durch ein weites Herz hindurch in die Schönheit zu heben.

Donnerstag, 14. Dezember 2006

zeiger


Morgen früh fährt mein Freund nach Hause, am Montag ich. Ich freue mich auf 4 Wochen mit Freunden, Maroni, gutem Bier und Erhebungen im Gelände die nicht nur aus Laub bestehen. Ich freue mich auch auf weniger Regen.
Ich werde alle Baumfreunde besuchen und meinen Lieblingsplatz am Fluss aufräumen.
Außerdem endlich wieder Yoga unter Aufsicht betreiben,
und auf dem Schlossberg über die Stadt blicken.
Raucher in den Lokalen (obwohl sie mir nicht abgegangen sind...)
In der letzten Woche kommt der Herzensmann mich besuchen. Darauf freu ich mich natürlich auch sehr.

Ich bin neugierig, gespannt - fast so stark wie vor meiner Abreise hierher. Der Zeitpunkt ist genau richtig: zurückkommen und mich vom Vertrauten umfangen lassen wie von einer schützenden Haut. Hinuntersinken. Körper und Geist Zeit geben, das Gelernte und Erlebte zu integrieren: 4 der Schwerter.

Und obwohl die Freude auf die Heimreise über die Panik gesiegt hat, merke ich, wie irgend etwas in mir langsam aber sicher durchzudrehen beginnt. Nur noch ein Semester! Nur noch ein Semester!!! Die 4 Monate hier sind vergangen wie 2 Jahre und 4 Wochen zugleich. Ich werde in Wien landen und mich fühlen als wäre ich gestern durch den CheckIn spaziert. Plötzlich wird es Juni sein und ich werde meine Zeugnisse holen und die Koffer packen. Und dann frage ich mich, woher der Liebste die Ruhe nimmt, mit der er den rasenden Zeigern begegnet...

Gut, er hat 6 Jahre Lebenserfahrung mehr, 6 Jahre mehr um zu lernen, dem Leben zu vertrauen. Ich stecke grade mitten im Training. Gehe die Wände rauf und runter oder heule unter der Dusche; mag nicht spüren wie vergänglich alles ist. Dann fange ich an, Rechenübungen zu machen: ist es deswegen so schön, weil es so begrenzt ist? Wenn unsere Beziehung nicht mehr so schön ist, wird sie dafür länger?

Dann breche ich irgendeinen Streit vom Zaun, am Ende lachen wir und alles ist wieder ganz natürlich, frei, selbstverständlich. Die Zeit vergeht wieder wie im Flug. Mist.

Es hilft wohl alles nix und ich muss einsehen, dass mein Wunsch in Erfüllung gegangen ist - ich liebe einen Mann der mich liebt und wir befreien uns gegenseitig. Und über allem hängt ein Totenkopf.

Mittwoch, 29. November 2006

a better version of me


Sitze bei einer Freundin im Bett, sie hat einen Arzttermin, ich habe drahtlosen Internetzugang, jede Menge Zeit (einen gesamten Tag!) um die Seele baumeln zu lassen und dazu guten Tee. Gestern schöner, inspirierender Abend unter Mädchen. Tut immer gut.


Jetzt wo Weihnachten naht, dämmert mir langsam: zurückkehren wird hart werden. Allen Auslands-Studis geht es so, egal ob Austausch oder Master oder einfach nur so. Hier verändert sich jeder so rasend schnell. Zu Weihnachten werden viele viele "neue" Menschen zurück fahren in Städte, zu Freunden und Familien, die sich im Vergleich zu ihnen kaum verändert haben. Viele Worte werden vergeudet werden im Versuch, das Anders-Sein zu erklären. Die Weg-Gegangenen werden ganz hoffnungslos angesichts der gähnenden Nicht-Veränderung, die Daheim-Gebliebenen sind ein bisschen enttäuscht, weil sich äußerlich am Weltfahrenden nicht wirklich was geändert hat (wo bleiben die grünen Haare, die radikalen Ansichten, das völlig veränderte Gesicht?), warten auf exotische Berichte - aber es kommt nix. Die Weltenbummler wissen nicht wirklich, wie sie ihren inneren Wandel in Worte packen sollen. Oder sie sind Realisten und haben erkannt, dass dieses Unterfangen sowieso scheitern würde. Alles ist gleich und trotzdem ganz anders.


Und dann kommt auch noch dazu, dass so ein Austausch-Studi seine Metamorphose vielleicht gar nicht erklären möchte... Die meisten entdecken im Erasmus-Jahr sowas wie die spirituelle Nabelschnur, ein Urvertrauen in das Leben und seine wunderbaren Wendungen, erleben Beseelendes, Beatmendes, Belebendes. Sowas lässt sich nicht immer gut vor versammelter Mannschaft an Omas Küchentisch besprechen. Und dann bleibt auf die Frage: "Wie geht's dir im Auslandsjahr?" eben nur: "Danke, fantastisch!"


Wenn ich zurück komme, wird es wahrscheinlich einiges klarzustellen geben. Warum ich bei jedem Wetter mit dem Rad fahre. Warum ich im Supermarkt länger brauche, weil ich mein Essen sorgfältiger auswähle. Warum ich kein Fleisch mehr essen mag (und wenn, dann erst nach längerer Kontemplation, wiederum im Supermarkt o.ä. Plätzen). Warum ich beizeiten auch das eine oder andere "Öko"-Kommentar fallen lassen werde.
Das Wissen, zu dem ich hier in Lund Zugang bekommen habe, macht es mir ganz unmöglich, anders zu reagieren als mit Aktion. Die Erde grundsätzlich zu lieben ist eine Sache. Bäumen als Ratgebern und Lehrern zu begegnen eine andere. Den Müll in die Mülltonne zu werfen auch.
Aber der Zustand unserer kleinen Erde erfordert andere Massnahmen. Größere. Er fordert Menschen, die bereit sind, am Grat entlang zu wandern, Konsequenzen zu ziehen, sich zu verändern, um damit anderen Menschen zu ermöglichen, dass nachhaltiges und "sauberes" Leben für jeden einfacher umzusetzen ist.

Zeit und Geld, so wird's behauptet, hat ja nicht jeder. Und es fühlt auch nicht jeder den Drang gleich stark, sich täglich zum Besseren zu verändern, Disziplin zu entwickeln nach Alternativen zu suchen und sich selbst auch in diesen Entscheidungen zu kontrollieren. Es muss Menschen geben, die Disziplin und Konsequenz für andere übernehmen und Strukturen entwerfen, die es auch Menschen, denen ein verantwortungsvoller Lebenswandel nicht so wichtig ist, leichter macht, sozusagen nebenbei die richtigen Entscheidungen zu treffen. Der Mensch ist von Natur aus eher ein Faultier, aber wenn wir in 20 Jahren unseren Schnee noch immer gern zu Weihnachten hätten statt im August, dann müssen eben die weniger faulen den faulen Faultieren unter die Arme greifen (oder ihnen, radikaler gesagt, in den Hintern treten).

Um den eigenen Lebenswandel zu verändern, geht nicht darum, so zu werden wie ... , sondern um die Erkenntnis, dass es die bessere Ausgabe einer selbst ist, die angestrebt werden kann und darf. Es genügt der aufrichtige Wunsch.


Die Disziplin und Achtsamkeit, die ich entwickeln durfte, möchte ich jetzt in den Dienst stellen. Ich merke, dass ich genügend breite Schultern entwickelt habe, auf denen Verantwortung ruhen kann. Ich will meine jugendliche Energie nützen, solange sie da ist. Ich habe Menschen um mich, die bewundernswerte Entscheidungen getroffen haben und je mehr ich sie kennenlerne, desto eher merke ich: es ist nicht schwer.
In den letzten Tagen wird mir klar: diesen Funken möchte und werde ich weitertragen.

Ich warte auf ein Zeichen, eine Eingebung. Hej, da oben, gebt mir Arbeit!

Montag, 13. November 2006

wandel, öffnung


Die Seiten in meinem Tagebuch warten seit Wochen auf einen neuen Eintrag. Überhaupt ist das weiße Blatt Papier ein Sinnbild meines momentanen Zustands: ich rutsche immer mehr ins Jetzt zurück und bleibe hier. Ich werde immer kleiner, ahnungsloser und stärker in einer daraus erwachsenden Klarheit. Ich habe endgültig keine Ahnung mehr, wie ich meine Ideen zu Papier bringen soll.
Ich greife zur Kamera.


Ich lese wie besessen, ich bete, ich fühle die Hände, die mich führen immer stärker und auch den Fluss des Lebensplans, dem ich ins Gesicht grinse (*zwinker mal rüber zur merla*). Ich betrachte die dunklen Seiten des Lebens, unserer Welt und unserer Politik, vor denen mein überbordender, kindlicher Optimismus kleinlaut in die Knie gehen muss. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich tatsächlich täglich zur Zeitung greifen soll, oder lieber nicht. Vielleicht sollte ich überhaupt einmal damit anfangen. :)


Ich beschließe, meinem Lebensplan die Hand zu geben und will zum Werkzeug werden. Stark, klar, offen. Ich stelle fest, dass meine Arme und Schultern stärker geworden sind - kommt nicht nur vom Yoga. Mein Körper hat begonnen, mir zu vertrauen - keine Bestrafungen und bösen Gedanken mehr und schwups!, ist er ein starker Helfer geworden.



Ich lerne:
Menschen fühlen nur den Wandel. Wenn sie etwas dauerhaft erreicht und in sich verwurzelt haben, nennen sie das "Plateau".


Im Skulpturen-Park vor dem Skizzenmuseum treffe ich vor einigen Tagen ein paar sehr fotogene Blätter. Ich lerne: Fotografieren ist in allererster Linie eine Angelegenheit von Liebe für das Objekt. Je mehr Zeit ich an diesem Vormittag mit den Blättern verbringe, desto mehr habe ich das Gefühl, dass sie es sind, die Freude daran haben, mir ihre Schönheit zu offenbaren.


Eine alte, runzlige Frau geht vorbei und sieht mir zu, wie ich im Kies herumwusle. Sie ähnelt den Blättern, ein bisschen vertrocknet und irgendwie vom Baum gefallen. Ich frage mich, welche ungeahnte Schönheit sie vor dem liebenden Auge einer Kamera wohl entfalten würde?


Hachja.
Das Leben, eine wunderbare Backstube.

Mittwoch, 8. November 2006

manchmal...

... ist es zum Aus-der-Haut-Fahren!

Heute zum Beispiel. Und deswegen gönne ich mir eine Runde Zwiederniss und Schimpferei. Nämlich:

Nach der horrenden Zahnarzt-Rechnung für eine mickrige kleine Füllung (die mir rausgebrochen ist, da war also kein neues Loch, ich hab immer schön gebürstet!),

der zerbrochenen Lieblingstasse (beim Öffnen der Schranktür heruntergefallen und auch da war ich am Geschirr-Einräumen nicht beteiligt),

einer neuerlichen Kühlschrank-Attacke meiner Mitbewohnerin (die Appetit hat für 3 und dabei leider auch unschuldslämmern meine Vorräte anknabbert),

und Hektolitern Regen, die mein armes Fahrrad ruinieren, was wiederum teuer wird (hab ich eigentlich schon mal erwähnt, dass die Radfahrerstadt Lund keinerlei Unterstellmöglichkeiten für Drahtesel kennt? Gar keine! Da rostet alles fröhlich vor sich hin...),

bin ich zum Schluss gekommen, dass es mir mein Schicksal anscheinend richtig übel nimmt, dass ich die restliche Zeit unverschämt glücklich bin.
Und jetzt werde ich mich an Frau Bärtschis klugen Ratschlag halten (siehe Karte) und aus dieser Wohnung flüchten - an einen Ort, wo meistens die Sonne scheint :)

P.S.: Wenn jemand einen Tipp hat, wie ich meiner Mitbewohnerin klar machen soll, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass sie sich die Butter zentimeterdick auf zwei Finger dicke Brotscheiben schmiert, und auch nicht der Meinung bin, dass ihr Magen danach auch noch unbedingt 2 Portionen Müsli mit einem halben Liter Milch benötigt - ich bin dankbar. Momentan bin ich schon fast versucht, so schnell wie möglich eine Wochenration für mich unter meiner Matratze zu verstecken, bevor sie innerhalb von 1 1/2 Tagen verschwunden ist. Für jeweils getrennte Packungen Brot, Butter, Milch etc. fehlt uns hier leider der Platz, aber ins Geld geht's schon. Oder sind solche Mengen im Grunde normal? Hm - bin zwar auch keine Wenig-Esserin, aber dieses Mädchen frisst mich noch arm. Und ich bin zu feige, ihr das genau so zu sagen. Zwickmühle.
So, fertig gesudert.

Dienstag, 31. Oktober 2006

wir sind frauen

Wir sind Frauen
und dadurch verbunden.
Wir gehen durch die Hölle und erneuern uns
und finden das Licht und das Lachen.
Wir leben stark.

Widmung einer Freundin in meinem Tagebuch, im Oktober 2004. Bei jedem Lesen nach wie vor ein Lächeln, Glücksgefühle, Wärme, Trost und Verbundenheit. Danke.

Sonntag, 29. Oktober 2006

skelettmänner, skelettfrauen

Im Buch "Die Wolfsfrau" hab ich vor einem Jahr ein Märchen gelesen, das ich mir gerne erzähle, wenn ich Angst vorm Fühlen habe: Die Skelettfrau. Der Fischer, dessen vermeintlicher großer Fang sich als Skelett entpuppt (das ihm natürlich einen Todesschrecken einjagt), muss lernen, sich seiner Angst vor der Vergänglichkeit zu stellen und sich ihr hinzugeben, bevor er mit der zu neuem Leben erweckten Skelettfrau glücklich werden kann.
Ich schäme mich ja fast, zuzugeben, dass ich mich verliebt habe. Hier steh ich und lese Bücher und Blogs und und und..., die mir von den (Zauber-)Kraft-raubenden Eigenschaften von Liebesbeziehungen erzählen, und dann... Ich halte einfach dagegen, dass ich mich glücklich und beschenkt fühle. Fertig aus. (Ja, einen neuen Zeitplan brauch ich wahrscheinlich schon. Und auch ein bisschen mehr Disziplin, mich mir ganz allein zu widmen.)


Und ich höre die Skelettfrau klappern; sie erzählt mir vom Sterben der Leidenschaft; von den Schmerzen der Liebe; von den Steinen, die dieser Weg genauso wie jeder andere bereit hält; von seinen Geschenken. Sie erinnert mich an die kleine scharze Nuss, die mir im Herz sitzt und mir weiszumachen versucht, dass es besser für mich ist, mich in Gleichgültigkeit zu hüllen - dann kann mich nichts mehr berühren, mir nichts wirklich weh tun. Ich habe mir nicht erlaubt, jemanden zu lieben. Jetzt stehe ich an der Schwelle - will ich? Trau ich mich? Der dunkle Fleck ist wieder aufgewacht: "Hier gibt es nichts für dich zu holen, außer Betrug, Lüge, Verrat, Ungleichgewicht - erinnere dich!" Nein.

Wir sehen uns einen Film an; Waking Life. Ich denke nach über das, was ich bin und ob es wirklich so schlau ist, mein "Ich" aus dem zu konstruieren, was ich erlebt habe? Ich brauche tausend kleine Episoden, Geschichten und Fetzen dazu - und wahrscheinlich sind sie nur sehr oberflächliche Erklärungsmodelle für das, was ich jetzt tatsächlich bin. Es sind alte Häute, mit denen ich die neue Haut zu beschreiben versuche. Es kann gelingen, aber eben nur als Annäherung.


Wir liegen auf dem Fussboden und ich sage ihm, dass ich oft befürchtet habe, dass mein Herz nie wieder gänzlich funktionieren könnte. Und im Stillen spüre ich, dass das nicht mehr stimmt - das Herz umarmt und lacht; es hat überhaupt nichts verlernt oder vergessen. Mein Herz schert sich nicht um seine Narben - das tut nur das Hirn.

Ich möchte mich vergessen. Ich möchte mich nicht mehr taub stellen. Ich sage es ganz laut, damit es auch die Skelettfrau hört:

Ich laufe nicht davon!

Dienstag, 24. Oktober 2006

arghs!


Hinter diesen Fenstern verbirgt sich Lunds Weisheit...


Ist das möglich?

Jetzt hab ich tagelang gelesen wie eine Blöde für diesen Aufsatz und jetzt ist der erste Teil beinahe fertig und ich hänge...

... am letzten klitzekleinen Satz...

... der den Hauptteil...

... mit meiner Conclusio verbinden soll...

... seit einer Stunde!...

Sjöström, erbarme dich meiner!

Sonntag, 15. Oktober 2006

erbschaft


Ich muss in den letzten Wochen häufig an meine Großmutter denken, die vor vier Jahren verstorben ist. Sie selbst war Ärztin und hat den Krebsbefund nie geöffnet weil sie wohl wusste, was sie erwarten würde. Stattdessen hat sie ihre Ahnung geheim gehalten und ihr letztes Jahr mit Reisen verbracht, bevor sie sich ins Bett gelegt hat, um zu sterben. Mit eiserner Disziplin hat sie ihren Besitz geordnet, Verwandte und Freunde zu sich bestellt um alles zu verteilen. Sie dachte, es würde schnell gehen. Sie hat sich geirrt, ihr Tod hat schlussendlich über 9 Monate gedauert.

Was sie festgehalten hat, war ihr Unwillen, sich bei einigen Menschen zu entschuldigen (zum Beispiel bei meiner Mutter), oder Demut zu zeigen. Ich erinnere mich daran, dass der dünne Faden, der sie in ihrem Körper gehalten hat, fast greifbar war; er bestand aus einer einfachen Entschuldigung und ehrlicher Reue. Ich war unbeschreiblich wütend, weil sie sich so sehr an diesem Faden festhielt. Sie hat jede Hilfe, jeden Beistand abgelehnt. Dabei waren genug Menschen da, die sie auf ihrem Weg begleiten wollten. Sie hatte das seltene Glück, einen Haufen echter Freunde um sich zu haben - ich weiß bis heute nicht, was sie daran gehindert hat, dieses Geschenk auch anzunehmen.

Ich habe ihren Tod nie als schrecklich oder beängstigend empfunden. Ich bin fast geplatzt vor Neugier, wollte bei ihr sein und sie erzählen hören. Ich hatte vor, die verbleibende Zeit mit meiner Großmutter so intensiv wie möglich nutzen und über den Tod zu lernen. Ich habe so oft gehört, wie ähnlich ich ihr sehe, dass ich mich wie sie bewege - ich wollte wissen, wer der Mensch ist, von dem ich so viel geerbt habe. Ich habe versucht, sie zum Sprechen zu bringen und sie ermutigt, zu erzählen; mir ihre Sorgen und Gedanken mitzuteilen - ich wusste, dass sie unter bestialischen Schmerzen und ständiger Übelkeit litt und bis heute bin ich traurig darüber, dass sie niemanden daran teilhaben lassen wollte. Ich war damals noch Kind genug, um ihrem Sterben natürlich zu begegnen - weder ihre Schmerzen, noch ihre extreme Abmagerung, der Medikamentengeruch oder ihr Todeskampf haben mich erschreckt oder angewidert. Wenn ich heute daran denke, mit welcher fast schon penetranten Neugier ich sie bearbeitet habe, muss ich lachen. Ich bin erstaunt, dass sie so viel Kraft entgegen bringen konnte, um meiner trickreichen Ungeduld den Riegel vorzuschieben.

Schlussendlich hat sie doch losgelassen. Ich habe mich die längste Zeit gefühlt wie ein kleines Mädchen am Bahnsteig, das verzweifelt darauf wartet, dass ihr ein geliebter Mensch ein letztes Mal aus dem abfahrenden Zug zuwinkt. Die Nachricht von ihrem Tod war zugleich erleichternd und niederschmetternd. Ich war unsicher, ob ich ihre Leiche sehen wollte, aber schließlich hat die Hoffnung auf ein Zeichen und Abschied gesiegt: ich bin zu ihr gegangen.
Einen menschlichen Körper nicht klopfen, pochen und arbeiten zu sehen, war für mich zutiefst berührend und eine schöne Erfahrung, weil ich seitdem keinen Zweifel mehr daran hege, dass es die menschliche Seele gibt. Ich habe sie davonfliegen gesehen, ich habe mich von meiner Großmutter verabschieden können.

Trotzdem - ein wichtiger Schlüssel zu mir selbst ist mir unwiederbringlich verloren gegangen. Ich weiß natürlich, dass ich nicht sie bin - aber ich glaube, dass wir als Menschen mehr von unseren Eltern und Großeltern erben, als nur unser Aussehen. Die Sehnsucht zu wissen, auf wessen Mist man gewachsen ist, gehört wahrscheinlich zu den grundlegendsten menschlichen Regungen.

Montag, 2. Oktober 2006

zubeißen

So, ich habe schon wieder zugebissen, und leider in die falsche Wade...

Zwischen einer meiner Mitbewohnerinnen und mir läuft seit meiner Ankunft ein Spiel, bei dem ich nicht genau weiß, worum es geht, von dem ich aber sicher sagen kann, dass es nicht gesund ist. Wenn ich mit ihr in den Ring steige, entwickle ich urplötzlich enorme Scharfsinnigkeit, Kraft, Ausdauer und Neugier:

Scharfsinn, jede kleine Unstimmigkeit oder Widersprüchlichkeit in ihrer Argumentation oder Denkweise sofort aufzuspüren und grell auszuleuchten.
Kraft, stärker zu sein, mich provozieren zu lassen und dann zu gewinnen.
Ausdauer im Bohren und Rechthaben.
Neugier zu sehen, wie weit ich komme und wieviel dabei kaputt geht.
Es ist eigentlich äußerst belustigend, zu beobachten, wie ich jedes Mal aufs Neue in die Falle gehe: man wirft mir eine Aussage hin, die darauf abzielt dass ich reagiere. Ich spüre, dass hinter dem hingeworfenen Satz der Wunsch nach einer bestimmten Reaktion schwingt, die dem Gesagten zu 180° gegenüber steht. Ich reagiere absichtlich nicht so, wie es erwünscht ist. Und bin damit schon in die Falle getappt. Weil ich reagiert habe.
Ein stereotypes Beispiel, aus dem Alltag gegriffen: "Ich bin so dumm/hässlich/dick..." Erwünschte Reaktion: "Nein, um Gottes Willen, du bist ein unglaublich kluger/schöner/gut gebauter Mensch!" Reagiert man so, findet der/die andere tausend Gründe, warum man Unrecht hat. Reagiert man anders herum, ist das Gegenüber beleidigt - weil man ihn/sie ja offensichtlich für dumm, hässlich oder dick hält.

Mein Fehler: ich reagiere unerwünscht UND diskutiere trotzdem weiter. Ich will zum Beispiel andere ihrer manipulativen Absichten überführen - und werde aus diesem Grund selbst manipulativ. Ich möchte den unumstösslichen Beweis erbringen, dass meine Art zu denken und zu sein definitiv und unanfechtbar die bessere ist. Ich werde zu einem ganzen Haufen Eigenschaften, die nicht besonders schätzenswert sind. Sehr amüsant, von oben betrachtet.

Mich stören diese Seiten an mir, ich schäme mich, zugleich möchte ich mich ihnen aber respektvoll nähern, um Veränderung zu bewirken. Es ist ein Seiltanz zwischen Selbst-Hinterfragung, kritischer Beobachtung, Verblendung, Selbstmitleid und Selbstverachtung. Der Teufel in mir lässt sich ja ungern am Schopf packen und ins Tageslicht zerren. Er reagiert auch beleidigt, wenn ich ihm die Hörner abschneiden möchte oder ihn woanders hin zum Spielen schicke. Da wird er dann trotzig. Trotzdem will ich einen Weg finden, ihn nicht in seinem geliebten Teufelskreis Runde um Runde drehen zu lassen - oder zumindest so, dass ich ein Auge auf ihn haben kann...

Eine sehr schlaue Lösung von einem lieben Menschen vorhin am Telefon:

Lachen. Weggehen. Später zurück kommen.

Mein Teufel fährt grade aus der Haut, weil er nicht selbst darauf gekommen ist.

Mittwoch, 27. September 2006

nebenan im anderland


Es liegt gleich um die Ecke - das Auenland. Wenn Tolkien das gewusst hätte...
Viele Weissdornbüsche wachsen da, mit ihren verschraubten Stämmen und knorrigen Wuschelköpfen. Einige Faulbäume und Ebereschen. Und von allen dreien regnet es rote Beeren! Den kleinen Bach weiter runter wachsen 2, 3 Weiden, ein Apfelbaum, eine Kirsche... Und inmitten dieser Übermacht "weiblicher" Bäume eine einsame Eiche. Sie hat sich an die anderen angepasst und ist klein und knotig geblieben, hat dafür aber die ausladende Krone, die für die lundischen Bäume so typisch ist. Und gemütlich ist sie - bin kurz probe-gesessen.
Habe mir diesen Ort für meine erste Reise in die Anderswelt ausgesucht (eine Aufgabe, die ich ein bisschen vor mir her geschoben habe).


Ich wollte warten, bis mir eine wirklich wichtige Frage unter den Nägeln brennt. Man spaziert nicht einfach aus Neugier ins Anderland, hab ich mir sagen lassen. Trotzdem hab ich mir nichts besonders Mystisches oder Geheimnisvolles erwartet - ich war ja bestimmt schon mal dort; in meinen Träumen, Fieberträumen, Tagträumen...
Ich habe mir also einen schönen Baum gesucht in der Hoffnung, mich in der freien Natur auch wirklich konzentrieren zu können. Nach einigen Anläufen hat's geklappt - der Baum hat mich "verschluckt" (besser kann ich's nicht ausdrücken, auch wenn es wesentlich aufregender klingt als es war...).


Es war zu erwarten - meine Begleiterin "dort drüben" ist ein Schelm (und verdammt schnell). Wenigstens hat sich das Geschenk, das ich ihr symbolisch mitgebracht habe, als goldrichtig erwiesen.
Und was ich als Antwort auf meine Fragen erhalten habe? Einen Strohhalm, ja wirklich. Wortlos überreicht.

Das kann ja heiter werden...

Dienstag, 26. September 2006

freischwebend


Ich habe vor 3 Tagen mit einem Mudra-Weg begonnen. (Wer Mudras nicht kennt, klickt hier) Sie haben mir immer schon gut getan, aber es ist erstaunlich, welche Faulheit der Mensch entwickeln kann, wenn es darum geht, auch nur 3 x 10 Minuten seines Tages ruhig zu sitzen und die Finger zusammen zu stecken. *lach* Jetzt gibt's aber keine Ausreden mehr!

Es ging mir also noch ziemlich elend. Schon nach dem ersten Durchgang (10 Minuten) hat sich meine Stimmung aufgehellt. Der zweite und dritte Durchgang haben's dann gebracht - eine Achterbahnfahrt, eine echte "Gehirnstürmung" der Hintergründe und Gründe für meine kaputte Niere.
Hinterher waren die Decke, an die ich gestarrt habe und das Bett unter mir immer noch die gleichen, aber ich hab verstanden, warum ich da liege. Und eine Welle der Dankbarkeit für meine wunderbare Maschine hat mich erfasst. Es ist wirklich nicht mehr schwer, seinen Körper zu lieben, wenn man erst mal kapiert hat, aus welchen Schlamasseln er einen durch eine Krankheit herauszieht.

Und ich erlebe das Wunder Genesung ein weiteres Mal. Steige wieder mit einem neugeborenen Gedanken aus dem Bett, trage ein neues Baby mit mir... Ich bin richtig müde, aber es ist eine andere Art von Müdigkeit, kein Schleppen, keine Erschöpfung. Ich bin dankbar.

"Der Mensch hat die Pflicht, gesund zu sein.
Nur so kann er den anderen helfen und wird er ihnen nicht zur Last fallen."

Thomas Garrigue Masaryk




Eine Liste, die ich vor 2 Jahren im Krankenhaus nach meiner ersten (und bisher letzten) Operation geschrieben habe. Sie gilt immer noch und immer wieder, aber die Umsetzung verändert sich:

Gesund sein
  • Emotionen und Alltag beobachten
  • sanft werden
  • diszipliniert bleiben
  • Schuldgefühle abschütteln
  • Klarheit und Reinheit kultivieren
  • Selbstverantwortung leben
  • Perfektionismus in konstruktive Bahnen lenken
  • Beobachter sein, die Sinne benützen, wachsam sein
  • Stille
  • einen Fuß vor den anderen setzen
  • Zuversicht leben und dankbar sein
  • Ängsten in die Augen sehen, sie loslassen
  • hier bleiben
  • lieben und leben lassen
  • tragen und getragen werden
  • offen sein wie das Element Erde

Donnerstag, 21. September 2006

Geduld, Geduld

Das mit dem Gesund-Werden funktioniert momentan nur auf Umwegen - bin wieder im Bett, diesmal mit Nierenentzündung. Gar nicht so einfach, hier in Schweden an Ärzte zu kommen. Aber jetzt, wo ich endlich auch Medikamente habe, die wirken, wird die Welt auch langsam wieder bunt und schön.

Ich war in den letzten Tagen und Nächten auf dem Weg durch die Unterwelt - bin noch nicht ganz aufgetaucht, aber das Schlimmste ist überstanden. Unglaublich/unheimlich, welche morbiden Bilder im Fieberbackofen vor dem inneren Auge auftauchen - je älter ich werde, desto stärker werden auch die Schübe, in denen sich mein Innerstes mit dem Tod auseinandersetzt. Es ist ein Balanceakt, mich meinem kranken Körper anzuvertrauen, weich zu werden und dabei gleichzeitig zuversichtlich und fröhlich zu bleiben. Aber: eine Lektion in Geduld hat mir noch nie geschadet.

Und außerdem: es leben die Antibiotika!

Dienstag, 19. September 2006

Es wird wieder dunkel


Nach einem 3 wöchigen Rundumangriff auf meine Gesundheit (Grippe, entzündete Mandeln, entzündete Blase und dazu noch totale Verstopfung) bin ich wieder halbwegs hergestellt - aber so erschöpft, dass ich irgendwie nicht mehr einschlafen kann. Fühl mich wie die Wäsche nach dem Schleudergang. Und ich habe zum ersten Mal Heimweh. Möchte auf den Schlossberg klettern, am Fluss auf meiner Weide sitzen, nicht ständig die Ohren spitzen müssen sondern einfach verstehen, was die Menschen um mich herum sprechen. Habe jetzt mal genug von der Selbsterfahrung. Will nicht mehr alle paar Meter neues unbekanntes Seelenland zu betreten, auch wenn das wirklich schön und lehrreich ist. Habe keine Kraft mehr dafür. Jetzt nicht.

Ich liebe die schönen runden Karten aus dem "Göttinnenzyklus", ganz besonders dann, wenn's mir nicht so gut geht. Habe gestern eine Kraftkarte gezogen:

Das VIII Haus, der Geheime Ort

Hier geht es um Loslassen in einem Bereich jenseits vom Anstand, sozusagen. Habe mir Zeit für die dazugehörige Übung genommen: der Schattenkraft begegnen, sie zeichnen, ihr zuhören. Die Zeichnung ist sehr minimalistisch ausgefallen, ein paar flammender Augen, scharfe Zähne, Blut, eine lange Zunge - Kali, im Großen und Ganzen... Sie hockt im Dunkeln, ist ausgemergelt und sehnig, klein, flink und sieht aus wie das weibliche Gegenstück zu Gollum. Sie ist abgrundtief böse, zieht die Haut von den Knochen, zerfleischt, frisst auf, nimmt den Verstand, kennt keine Grenzen, keine Moral, keine Logik. Sie tötet nicht aus einem Bewusstsein für Zyklen, oder aus Gerechtigkeit, sondern ganz einfach, weil sie töten möchte. Sie mag Blut. Das ist die einzige Regel.

Manchmal habe ich kein Problem mit ihr, sie ergänzt mich ganz wunderbar. Ich muss nicht sie sein.
Oder vielleicht ist das auch ein Trick - dass sie mich glauben lässt, ich wolle sie nicht verstecken? Ich sehe nämlich immer weniger Grund, sie zu verbergen. Manchmal bin ich sogar richtig gerne ein Arschloch (beängstigend, befreiend...)! Meine Schattenkraft fühlt sich geradezu herausgefordert, blutig zu reagieren, wenn mich jemand mit Anerkennung, Lob und Komplimenten überhäuft. "Nicht mit mir!" brüllt sie, "Glaub' bloß nicht, ich ließe mich kaufen!" Und ich mag dieses Gefühl, habe einen guten Sensor entwickelt für Menschen, die wirklich aus Freude loben oder meine Nähe suchen, und solche, die eigentlich etwas anderes möchten. Habe mich als Zerstörerin erlebt, diese Kraft und Befreiung genossen und gelernt: manchmal ist die völlige Verwüstung der einzige Weg, die Erde wieder fruchtbar zu machen. Im Moment der Zerstörung aber habe ich das nicht im Auge. Da geht es einfach nur darum, wirklich jeden Knochen zu brechen, jede dunkle Ecke zu betreten, zu sterben, ohne daran zu glauben, dass man jemals wieder heil und lebendig werden wird.

Manchmal habe ich ein Problem mit ihr:
Wenn sie schneller ist als ich. Wenn sie mich in Fieberträume schickt. Immer dann, wenn sich ihre Blutlust gegen mich wendet. Wenn ich mit ihrer Hilfe den Anstand verletze, aber nicht an der Stelle, an der es mich wirklich weiterbringen würde. Wenn sie ausgerechnet dann verschwindet, wo ich sie wirklich brauchen könnte. Weil sie mir Angst macht, meiner Kontrolle entgleitet. Weil ich nicht sterben möchte. Und weil ich manchmal - so wie jetzt - einfach keine Energie, kein Fleisch mehr für sie habe.


Samstag, 16. September 2006

01:13

Die Diskussion der Internet-Community läuft derzeit heiß: Ratzinger; Religion; Respekt; Macht; Auflehnung; (blinder) Glaube; Verhärtung;... nur ein paar Stichworte.

Interessant ist daran nur, dass ich mich zufälligerweise (?) gerade selbst seit Längerem mit der Entwicklung und Geschichte meines persönlichen Glaubens auseinandersetze. Zum Beispiel auch jetzt nächtens um 01:13 auf dem Thron, wo ich seit einer Stunde daran arbeite, eine Blasenentzündung auszuschwemmen (der Vollständigkeit halber möchte ich noch anmerken, dass im Hintergrund Strauss-Walzer laufen und später noch Strauß-Lieder laufen werden - ich weiß, das Gesamtbild ist bestimmt etwas verstörend).

Also.

Ich habe einmal im Radio von einer Untersuchung gehört, die u.a. zu Tage förderte, dass Menschen eher öffentlich über ihre perversesten sexuellen Vorlieben/Gelüste plaudern, als über ihren Glauben und ihr religiöses Empfinden. Ich denke auch, dass ein öffentlicher Diskurs über persönlichen Glauben relativ nah an das Bild herankommt, mit weit gespreizten Beinen auf einer großen, großen, grell ausgeleuchteten Bühne zu liegen. Zumal Menschen, die sich als gläubig outen, leicht einmal mit ein paar mitleidig-belächelnden Blicken bedacht werden. Dummerweise sind ja fast ausnahmslos auch die Versender solcher Blicke selbst ja auch gläubig (selbst wenn sie an nichts glauben, glauben sie ja noch).

Ich bin sehr feig. Ich sage wenigen, dass ich glaube und fast niemandem, was ich glaube. Eher spreize ich noch vor einem völlig Unbekannten weit die Beine oder gebe zu, dass ich verdammt gerne Strauß- oder Puccini-Opern auf Schallplatte höre und dabei vor mich hin weine, ehrlich. Und auch meine Zeiten als totale Anzweiflerin habe ich weitgehend heimlich verbracht. Eine meiner jugendlichen Lieblingsbeschäftigungen war das Beschimpfen Gottes möglichst auf blasphemische und dreckige Art und Weise, und zwar jeden Tag auf der Toilette (was hat es mit dem Klo auf sich?). Es ging mir nicht darum, z.B. bestehendes Unrecht anzuklagen (sterbende Menschen, hungernde Kinder). Ich war einfach ziemlich angewidert von diesem überirdischen Etwas, das beständig als "unendlich groß", "allwissend", "voller Liebe" beweihräuchert wird. So gütig, dass es milde lächelnd an der Kreuzung wartet, um uns vom rechten Weg abkommen zu sehen und uns dann, wenn wir unseren dummen menschlichen Fehler wieder eingesehen haben und reumütig zurückgekrochen kommen, genauso milde lächelnd wieder an der Hand zu nehmen. Ein Gott, der sich durch das Geschenk des freien Willens an seine Menschen geschickt aus aller Verantwortung herauswurschtelt und dabei aber leise weinend zusieht, wie sie sich gegenseitig Schmerzen zufügen und in den Abgrund laufen (ein Maso?). Mein Gottesbild war das einer im Stillen allmächtigen Hausfrau des 19. Jahrhunderts, die milde lächelnd Unpünktlichkeiten und Unzulänglichkeiten ihrer Schäfchen hinnimmt, ihnen geduldig bei ihren Verirrungen zusieht ohne auf den Tisch zu hauen oder laut und ausfällig zu werden (weil: jeder muss selbst lernen) und dabei aber sowieso alles schon besser weiß, was sie aber die armen Würmchen in ihrer unendlichen Liebe niemals spüren lassen würde - sie lehnt nur milde und gütig in der Tür und sieht zu, wie sie sich gegenseitig die Haare ausreißen oder in ihr Unglück taumeln...

Einige Jahre später:
Ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich mich von ihr spirituell ausgehungert fühle - eine Päpstin würde daran nichts ändern, weil ich nämlich nicht mehr nur an eineN Gott glaube, ich alte Heidin. Die Entdeckung der GöttIN war eine Offenbarung für mich, hat meine Seele gestreichelt, hat eine Begegnung mit DEM Gott erst wirklich möglich gemacht... Ich glaube nicht daran, dass die Schöpfung abgeschlossen wurde und perfekt ist wie sie ist (egal ob in 7 oder in 7 Milliarden Tagen) - ich bin überzeugt davon, dass sie immer weiter und weiter erschaffen wird, dass daran nicht nur die da oben beteiligt sind UND dass sie schön ist.

Und sonst?

Ich gestehe:

Ja, die Götter sind unendlich groß.
Ja, die Götter sind unendlich wissend.
Ja, sie sind voller Liebe.
Ja, sie lassen mich manchmal davonlaufen,
und gehen heimlich trotzdem mit.
Ja, sie verweigern mir nie ihre Hand,
wenn ich sie brauche.

Aber das alles würde ich gar nie
und in keinem Fall
zugeben.

Montag, 11. September 2006

Fieber

Also ehrlich, ich bewundere die sogenannten "fröhlichen Kranken". Menschen, die sich von so einer kleinen Grippe/Angina/Blasenentzündung o.Ä. nicht wirklich aus ihrer ruhigen und gelassenen Grundstimmung reißen lassen. Ich kann das nämlich nicht. Ich bin eine weinerliche, grantige, zwiedere und mitleid-heischende Kranke. Ich mutiere ab dem ersten Kratzen im Hals schlagartig zu einem kleinen Mädchen und ab dann geht es nur mehr abwärts...

Es ist nämlich so: man hat die Wahl, während der Ferien krank zu werden, oder eben nicht während der Ferien. Egal wie es dann kommt, man hätte es gerne genau anders herum (sobald man sich einmal mit dem Zustand des Krankseins per se arrangiert hat). Die schwierigste Übung am krank-Sein-ausserhalb-der-Ferien ist für mich nicht, irgendwie mit der körperlichen Zerschlagenheit umgehen zu lernen, sondern der geistigen Sorgenmühle Einhalt zu gebieten. Mit jedem 10el Grad Fieber mehr, oder von mir aus mit jedem kleinen Hüsteln, steigt die Menge der "Ich sollte doch noch.." und "Ich muss doch eigentlich aber noch..." - Gedanken, die einem innerhalb einer Minute durchs Hirn schießen, an. Am Ende sehe ich meine gesamte Existenz wegen dieser oder jenen liegengebliebenen Sache den Bach runter segeln. Wenn ich allerdings die Anzahl meiner Gesundheits-Ausfälle mit beispielsweise den Prüfungsergebnissen der letzte Jahre vergleiche, sollte ich mir eigentlich gar keine Sorgen machen. Es ist aber zwecklos, meinem Hirn mit statistischen Wahrheiten zu kommen; es gelingt ihm nicht, sich von der Krankheit nicht beeindrucken zu lassen - denn: mens sana in corpore sano und wenn der Körper nicht gesund ist, kann das Hirn nicht sauber denken!

Wenn sich aber das Hirn einmal mit der Vorstellung angefreundet hat, dass auch eine verpfuschte Existenz durchaus lebenswert und gut sein kann, beginnt der Heilungsprozess. Es ist aber jedes Mal eine Herausforderung, mein Hirn dazu zu bringen, nicht gegen die Krankheit zu kämpfen und sich einfach in diesen Körper zurückzulehnen, egal wie unbrauchbar er sich gerade anfühlen mag.

Das Eigentümliche an Krankheit ist ja nämlich, dass sie die Wahrnehmung völlig in den Körper hineinzieht und man sich plötzlich keinen anderen Zustand mehr vorstellen kann. Und so kommt es, dass ich wirklich bei jeder Angina, die ich in meinem Leben schon ausgebrütet habe, das sichere Gefühl hatte, nie wieder gesund werden zu können und an meinen höllischen Schmerzen zugrunde gehen zu müssen. :)

Das Zweiteigentümlichste an Krankheit ist, dass sie einem Geburtsprozess ähnelt. Besonders die fiebrigen und entzündlichen Erkrankungen sind sozusagen Gebärbeschleuniger, wenn es um neue Ideen oder die Entwicklung der Persönlichkeit geht. Das sollte chronisch Bettlägrige jetzt nicht dazu verleiten, ihre schleissige Immunabwehr mit einer hochentwickelten Persönlichkeit schönzureden, so geht das nicht!

Das dritteigentümlichste an Krankheiten: jeder Mensch hat so seine Lieblingskrankheiten und es ist unglaublich spannend, zu untersuchen, woran sie gekoppelt sind. Mein Körper hat die Angina gewählt, um meine Gedanken zuverlässig zurückzuholen, wenn sie sich für längere Zeit auf ungesunde Weise vom Hier und Jetzt entfernen. Angina ist meine zuverlässige Geheimwaffe gegen jede Art von Besessenheiten und Abhängigkeiten. Dieser Eintrag ist da ein sehr gutes Beispiel...

Fazit: ich lenke mein Hirn ab, lasse meinen Körper tun was er gut kann und bin gespannt, mit welchem (geistigen) neuen Baby ich meinem Krankenlager wieder entsteigen werde...

Freitag, 1. September 2006

Hart, aber herzlich

Habe Freitags den argen Fehler begangen, mich in meinem leicht labilen Zustand in ein schwedisches Modehaus zu begeben. Selbstmitleid in Kombination mit einem Haufen enorm gut aussehender blonder Mädchen ergibt unter Umständen eine wirklich böse Mischung! ;)

Ich habe den Laden fluchtartig verlassen und bin anschliessend zu einer Weide in den Stadtpark. Fuehlte mich ganz elend und habe Trost erwartet, oder zumindest Mitgefuehl. Dabei sollte ich Weiden mittlerweile kennen - sie schmieren niemandem Honig ums Maul, selbst einem kleinen verzweifelten Häufchen Elend nicht, das heulend an ihrem Stamm kauert.
Weil ich das Gefuehl hatte, keine Verbindung zum Baum zu haben, dachte ich zunächst, ich könne in meinem Zustand einfach nichts mehr "hören". Dann war ich davon ueberzeugt, monatelang einem Hirngespinst aufgesessen zu sein un dass so etwas wie Kommunikation mit Bäumen schlicht Idiotie ist.
Aber zuletzt musste ich erkennen, dass weder Hörschaden noch andere Kommunikationsprobleme vorlagen, sondern dass diese Weide schlicht und ergreifend nicht freundlich oder mitleidig sein wollte. Als das einmal durchgesickert war, hat mir die Gute ziemlich den Kopf gewaschen. Ob ich nicht andere Probleme hätte als die Ringe auf meinem Bauch!?

...

Und sie liess mir einen Gedanken durchs Hirn schiessen, den ich im Nachhinein unglaublich finde:
"Hör endlich auf damit und denk an die Menschen, die dich lieben!"

Ich habe diesen Satz leicht abgewandelt am selben Tag noch zweimal gehört. Sich selbst kaputt zu machen ist eine Sache, aber daran zu denken, dass man damit auch diejenigen verletzt, die einen schätzen und lieben, eine andere. Und noch einmal eine andere, diese einfache Erkenntnis auch wirklich zu erkennen...
Und seitdem: Ruhe. Unglaubliche, schöne, wohltuende Ruhe. Ich kreise nicht mehr um meinen Bauchnabel, meinen Teller, meine Unzulänglichkeiten...
Danke Weide.

Mittwoch, 30. August 2006

Scheissdreck!

Ich liege in der Badewanne, das Wasser ist viel zu heiss.

Bin nicht gluecklich.

Ich kämpfe gegen die Unruhe. Klicke mich durchs Internet, drehe Runden durch die Wohnung, klicke mich durchs Internet, schreibe, lese, liege, laufe, esse... Checke Emails. Schreibe, lese, liege, laufe, esse. Esse. Trinke Kaffee, Tee, Wasser. Esse.

War schon lange nicht mehr so ungluecklich in meinem Körper.
Die letzten Wochen waren geprägt vom Essen (gegen das Fuehlen). Natuerlich reagiert ein Körper auf so etwas. Natuerlich nimmt er zu. Natuerlich ist das nur folgerichtig, logisch und gut von ihm. Mein Kopf gibt ihm die Schuld. Mein Körper sagt mir ganz genau, wo er hin will: in die Schlichtheit, Klarheit, Reinheit. Ich versuche, zu folgen und das Hirn Hirn sein zu lassen. Hinter meiner Stirn ist ein Gewitter - selten, dass ich Kopfweh habe. Ein Zeichen.

Ich war hier schon einmal, ich komme mir ein bisschen vor, wie die Platte, die ein paar Umwindungen weiter wieder hängenbleibt. Aber gut. Ich lerne. Ich raffe mich aus der Rastlosigkeit auf die Matte oder aufs Rad. Arbeite fast täglich etwa eine Stunde daran, mich wieder in die Ruhe, Klarheit und Zuversichtlichkeit zu bewegen. Dann schlag ich alles wieder kaputt mit Essen, Faulheit, Internet. Ich bin sehr diszipliniert beim Ungluecklich-Machen, und genauso beim Gluecklich-Machen. Natuerlich lach ich ueber mich selber. :)

Komm nicht richtig dahinter, was mir das alles sagen will. Will nicht wieder werden und aussehen wie frueher. Will so bleiben wie jetzt. Habe Angst. Angst lähmt. Scheissdreck.

Will nicht mehr denken.
Wuerde sehr gerne mein Hirn an eine Wäscheleine hängen.

Will in der Badewanne liegen und mich schön fuehlen.

Kriege einen Drehwurm. Möchte rausfahren und in den Himmel springen. Aber das Wetter ist dagegen.

Wunsche mir ein Bett, warme Haut und weisse Laken, Zeit: er und ich, stilles Lachen und dahinplätschernde Gespräche ueber ganz unwichtige Dinge: Käseverpackungen, Polsterknöpfe, Selbstauslöser, oder Furzen. Mh.

Freitag, 25. August 2006

dieser kleine blaue ball

Diese ganze Angelegenheit mit dem Aufbau eines neuen Zuhauses fasziniert und beschäftigt mich so sehr, dass ich ueber nichts anderes mehr schreiben möchte. Mir wird einfach nicht langweilig dabei, die vielen Facetten dieses Dings zu entdecken, das wir Heimat nennen.

Was mir in Schweden zu allererst aufgefallen ist, war der weite Himmel. Ich könnte stundenlang aus dem Fenster schauen, ich könnte stundenlang spazieren gehen, ich möchte riesengross werden und die Stirn in die Wolken tauchen. Es scheint hier aber niemandem aufzufallen, dass alle paar Minuten andere Lichtverhältnisse herrschen und dass die Wolken ständig neue Bilder ins Blau malen. Ich kenne das so nicht, ich bin Huegel und Berge gewöhnt - ich wusste einfach nicht, wie der Himmel knapp ueberm Horizont aussieht, weil da immer was davorstand.
In anderen flachen Landschaften werde ich ueblicherweise depressiv, oder zumindest ziemlich traurig. Ungarn: Horror. Niederlande: Panik. Nordfrankreich, kurz vor Paris: Agoraphobie!
Warum funktioniert es hier auf einmal? Was ist der Unterschied? Vielleicht, weil ich mich gezwungen sehe, irgendetwas hier schön zu finden, wenn ich nicht fuer ein Jahr lang ungluecklich sein will?

Ich bin vollkommen verliebt in Lunds Bäume, ich kann es nicht oft genug erwähnen. Es gibt hier so viele verschiedene davon, die meisten sind auch noch richtig alt. Die Stadt selbst ist relativ modern, aber die Bäume schätze ich im Durchschnitt auf mindestens 150 Jahre, also denke ich mir, dass beim Ausbau nicht viel umgeschnitten wurde. Es wirkt teilweise sogar so, als hätte man den Pflanzen hier ebenso viel Lebensraum zugestehen wollen, wie den Menschen. Ich habe noch keine anderen schwedischen Städte gesehen, aber allein die Tatsache, dass in einer kleinen Stadt auf dieser Welt Bäume noch geachtet werden, versöhnt mich wieder mit der Menschheit... ;)
[Vor meiner Haustuer in Graz wurden vor kurzem viele alte Freunde von mir einfach abgesägt, ich weiss gar nicht wirklich warum, sie standen vorher schon die ganze Zeit neben der Bahnstrecke, jetzt durften sie dort anscheinend nicht mehr sein... Nussbäume, Apfelbäume, Ahornbäume, Pappeln... Ich habe die ganze Nacht geweint und gezittert vor Wut... nur nebenbei]

Was ist denn noch alles "Zuhause", was nicht? So viele Kleinigkeiten: Strassenschilder, Tuerklinken, Zebrastreifen, Hausformen, Fensterrahmen, Briefkästen, Strassenpflaster...

Frueher, wenn wir mit dem Auto zu meiner französischen Familie gefahren sind, gab es einen Moment, knapp nach dem Passieren der Schweizer Grenze, in dem es mir immer gleich ging. Es war der Zuhause-Moment: "Ah, da sind sie endlich, diese ganz speziellen Strassenschilder und Fensterrahmen!" Bis heute erlebe ich die Landschaft, die Bäume und Strassen dort als völlig einzigartig - das ist mir erstmals aufgefallen, als ich mit einer Freundin dort spazieren war. "Siehst du, solche Felder gibt es nur hier, bei mir zuhause!", hab ich gesagt. "Was? Sieht doch aus wie bei uns!"

Ich kenne nichts so Schönes wie den Anblick eines verwitternden Steinmäuerchens, das sich traumverloren durch die trockene, flirrende Augustlandschaft meiner französischen Heimat schlängelt.

Nichts so Ehrfurchtsgebietendes, wie nächtens in einem See in meiner österreichischen Heimat zu schwimmen; die Bergriesen rund um mich im dunklen Wasser gespiegelt.

Ich sitze hier in Lund und es kommt mir so vor, als wäre die Welt geschrumpft und gewachsen zugleich. Ich bekomme Post von Freunden aus Afrika, oder vom Jakobsweg... Es gibt so viele Leben, so viele verschieden Arten, ein Leben zu leben... Ja, natuerlich komm ich mir ein bisschen blöd vor, mit offenem Mund vor so ausgetretenen Wahrheiten ("Das Gras ist gruen, der Himmel ist blau, die Menschen menscheln, die Maus bleibt grau") stehen zu bleiben.

Genau das will ich aber tun. Es erscheint mir eine ziemlich grosse Tatsache zu sein, dass ich nur eine Möglichkeit von einer Handvoll Milliarden bin, sich diesen blauen Ball zum Zuhause zu machen. Und dass ich mir von den anderen paar Milliarden bestimmt auch einiges abschauen könnte. Fuehl mich wie ein Kueken...

Dienstag, 22. August 2006

Essen


Eine meiner Mitbewohnerinnen hier ist vom Thema Essen vollkommen besessen. Es ist interessant zu beobachten, welchen Einfluss sie bzw. ihre Einstellung auf mich haben. Kann es kaum in Worte fassen (ueberhaupt merke ich, dass mir mein gesamter deutscher Wortschatz, meine Ausdrucksfähigkeit und -leichtigkeit verloren gegangen sind, seit ich keinen deutschsprachigen Boden mehr unter den Fuessen habe... warum ist das davon abhängig???).

Habe ja ernsthaft geglaubt, dass es hier vor allem darum gehen wird, Schwedisch zu lernen und zu studieren. Stattdessen kommen unerledigte Themen und Gefuehle in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit an die Oberfläche und sausen mir nur so um die Ohren. Ernährung, Futter, Hunger und Sättigung sind solche Themen.

Dieses Mädchen - was soll ich sagen? Ihre Besessenheit äussert sich darin, dass sie ständig darueber spricht was sie isst (oder eben nicht), wie schnell was verbrannt wird, welche Kalorien was hat, ob die gut oder böse sind, zu welcher Tageszeit man am Besten essen sollte, blabla. Natuerlich ist sie ganz schlank und zierlich. Vor kurzem war sie nur noch ein Knochenhaufen, ich habe Fotos gesehen. 38kg auf geschätzte 1m50. Hm.

Und was passiert mit mir: ich vergleiche mich. Grundsätzlich bin ich eine Verdrängungs-Esserin. Ich manövriere mich gerne in einen Teufelskreis hinein, in dem mein Körperhass durch Futter ueberdeckt werden soll und das Futter wiederum Körperhass auslöst. Insgeheim bewundere ich Frauen, die einfach aufhören können, zu essen. Aber andererseits finde ich sie dumm und unreif. Das ganze Thema ist ja so widerspruechlich - mit Logik und Verstand kommt man auf diesem Gelände nicht weit: wenn ich mich hässlich fuehle, weiss ich zugleich, dass ich keinen Grund habe, mich verstecken zu wollen, meinen Körper zu beschimpfen oder mich aus ihm hinaus zu fluechten.
Es ist mir noch ein wenig schleierhaft, was dieses Mädchen in mir auslöst oder warum das so ist. Aber eigentlich ist es mir egal, denn ich weiss ohnehin, was zu tun ist. Ich bin nicht mehr bereit, an mir selbst Raubbau zu betreiben. Ich bin auch nicht bereit, meinem Körper dafuer die Schuld zu geben, dass er nicht aussieht wie ich es will, wenn ich mir selbst den Kopf ins Essen druecke. Ich bin schon stolz auf mich, dass ich genuegend gelernt habe, um jetzt so schnell die Bremse ziehen zu können. Ich brauche noch keine Notbremse. Und ich bin sehr dankbar fuer meine Lage, mittlerweile macht mir diese Herausforderung Spass. Zunächst war ich wie erschlagen, jetzt will ich schneller und gewitzter sein als mein innerer Räuber. Das macht mich ziemlich einfallsreich und schnippisch!

Montag, 21. August 2006

Ansage

Ich lasse mir nicht mehr bieten,
ich lasse mich nicht länger gefallen -
hörst Du, Gedanke! -
dass Du mich denkst.

Glaub ja nicht,ich sei

dumm.
Ich bin nicht

schwach.
Ich bin nicht

verloren.

Hör mir zu, Gedanke,
ich gehe jetzt.
Siehst Du, ich gehe.
Wenn ich einmal fort bin,
wirst Du mich nicht mehr finden.

Ich mache mir nichts aus Dir,
ich höre nicht auf Dich,
wie Du siehst.
Beachte diesen Fuss,
er ist gleich aus der Tuer.

Dann wirst Du sehen,
was Du davon hast,
Du wirst schon sehen,
wirst es sehen.

Losung

Furchtbares Mädchen,
ich kann nichts, ich bin nicht,
seit Dir.

Zähle Silben, Talente, Kalorien -
Addition und Subtraktion.
Weniger, weniger werde ich.

Rast-los, Schlaf-los bist Du,
Bröslig und Saft-los
wird meine Kraft.

Aussatz, verhänge Spiegelbann.

Herz-los, Freud-los vermesse ich
mein Können,
vermisse meine Schöpferkraft.

Folge mir selber aufs Glatteis,
kratze ab.

Fleischwolf

Teller:
Kreis und Schlachtfeld,
Schande.

Körper:
Welpe, Made
Sau.

Samstag, 19. August 2006

Baumtrost, in der Fremde

Hatte gestern einen richtig anstrengenden Tag - psychisch.
War 3 Stunden lang im Netz, habe ein bisschen geweint. So viele schöne Mails. Einsamkeit und Fremdsein haben mir plötzlich richtig zugesetzt. Fuehlte mich ganz paranoid, wollte aus dem Computerraum gar nicht mehr hinaus. Hab es trotzdem gewagt, bin durch die Stadt, hab einen billigen Tuerken gefunden, bei dem es Gemuese und Obst zu halbwegs normalen Preisen gibt (ich bin nicht bereit, umgerechnet ueber 4Euro fuer ein Kilo Vitamine zu bezahlen!).

Habe mich durch die Stadt treiben lassen - es macht mir Spass, jeden Tag ein paar neue Strassenzuege gruendlich zu erkunden.
Auf dem Weg vorbei an der Domschule ging ein kleines Mädchen an der Hand seiner Mutter. Die Kleine hatte einen Plueschaffen ueber der Schulter hängen und strahlte diese ganz spezielle kindliche Unbeschwertheit aus. Ich musste an ein Foto von mir im selben Alter denken, auf dem ich einen Puppenwagen schiebend die Strasse entlang gehe. Ich habe versucht, die Stadt mit den Augen dieses kleinen Mädchens zu betrachten - habe mir gedacht, dass das alles, was die Kleine jetzt wahrnimmt, fuer sie immer mit Heimat verbunden sein wird. Also könnte ich's doch so machen wie sie!

Habe beim Beobachten von Mutter und Tochter ganz zufällig den Eingang zum wunderschönen Stadtpark gefunden. Nach ein paar Schritten hat sich schon ein Rotkelchen ganz nah auf einen Ast zu mir gesetzt und gesungen - ich hätte es mit der Hand fangen können! Grundsätzlich ist mir aufgefallen, dass die Vögel hier viel näher an die Menschen heranfliegen.
Ich bin durch den Park geschlendert und habe nach einem schönen Baum Ausschau gehalten, von dem ich mich ein bisschen trösten lassen könnte.

Habe auch schnell einen gefunden. Ich scheine nicht die Einzige zu sein, die diesen Baum gern besucht; seine Rinde ist voller Herzen und Narben. Das Zelt, das seine herabhängenden Zweige bilden, hat etwa einen Durchmesser von 10 Metern und ist absolut blickdicht. Bin in seine Krone geklettert und bin ganz schnell ganz still geworden. Hab den Baumbewohnern ein paar Nuesse hinterlassen.


Hatte auf einmal ganz deutlich das Bild der Hainbuche vor mir, die ich im Juli öfters besucht habe. Erinnerte mich plötzlich daran, dass ich mir unter diesem Baum einmal gewuenscht habe, auch in Schweden schnell eine tröstende Baumseele finden zu können. Vielleicht hat die Hainbuche meinen Wunsch ja nach Lund gefaxt? Manche behaupten, Bäume könnten sowas... Aus dem Baum kam tiefes Lachen.
Dachte noch ueber alles nach was mir momentan auf den Schultern lastet, hörte den Blättern zu. Es fällt mir schwer, Einiges loszulassen, das zwar verändert gehört, was ich jetzt aber weder verändern kann noch muss - schon gar nicht aus einer Entfernung von etwa 1500 Kilometern... Dabei muss ich mich ja gar nicht fuer eine Richtung entscheiden, nur damit ich eine Richtung habe. Es geht nur um eines: Ehrlichkeit. Das ist genug.

Als ich wieder aus dem Park geschlendert bin, war ich wie erneuert und froh. Bin den selben Weg zurueck zu meinem Rad spaziert und musste beim Anblick der Häuser lachen, welche Gemuetswandlung ein Mensch innerhalb einer halben Stunde vollziehen kann. Was mir beim Hinweg fremd und hässlich erschien, gefiel mir auf einmal. Hatte sogar das Gefuehl, das hier alles bald "Zuhause" nennen zu können.