Dienstag, 25. Dezember 2007

Rauhnacht N°1


8 Kelche
Der Antritt einer Reise nach Innen, manchmal passiert er mir fast von selbst, manchmal erkämpfe ich ihn durch Krankheiten aller Art. Weil ich schnell Schuldgefühle bekomme und nervös werde, weil ich schon wieder „nichts getan“ habe, muss ich mich dazu zwingen, echtes Nichtstun zu kultivieren. Nur so wird mein Tun wieder sinn-voll und geht mir leicht von der Hand.
Ich messe meine menschlichen Erfolge an meiner Fähigkeit, die To-Do-Liste erst gut zu füllen (leicht) und dann erfolgreich abzuarbeiten (hoffnungslos). Leider sehe ich mich wegen einiger unerledigter Punkte flugs unter der Brücke enden - und sosehr ich um die Absurdität derartiger Gedanken weiß, so wenig gelingt es mir, ihnen keinen Glauben zu schenken.
Wenn ich also der Angst und Bange verfalle, am Rande der Depression entlang kratze und erst recht nichts gebacken bekomme, wird es Zeit für folgende Frage:

Wie kommt es, dass ich überhaupt tätig werden kann?

Unter allen meinen Handlungen, Gedanken und Worte schwingt etwas viel Tieferes: der Urgrund des Seins überhaupt. Es war zuerst da und aus ihm erwuchs mir die Möglichkeit, körperlich zu sein, Entscheidungen zu fällen, mich mitzuteilen, zu entwickeln und als etwas Lebendiges zu erleben. Diese Schwingung-vor-Allem ist keine Einbildung irgendwelcher Hippie-Trippie-Leute. Nach eingehender Prüfung durfte ich auch feststellen, dass sie keine Glaubensfrage ist. Wer - wie ich - sein Leben lang auf der Autobahn verbracht hat, muss nicht an das Geräusch von Bienensummen glauben, er muss von der Autobahn hinunter.
Dieser Ur-Puls (den ich nicht besser beschreiben möchte) ist gerne bereit, sich in mir auszubreiten; allerdings stellt er Regeln auf: hinsetzen, Mund halten, ruhig bleiben! Nein, nicht wie Schule. Schon eher wie der Versuch, in einem Boot sitzend auf den Grund eines verzauberten Teichs zu blicken.
Trage ich den Anblick dieses Grundes in mir, ist keine meiner Handlungen mehr banal, denn ich fühle sie ihm entspringen. Ich erfahre, dass ich zuallererst BIN und dadurch erst MACHE. In der Bewusstheit meines Seins erhält mein Machen eine ganz andere Gewichtung. „Besorgungen“ schrumpfen allmählich zu dem was sie sind: eine von vielen Möglichkeiten, durch die sich mein Sein ausdrückt. Nicht zappeliges Herumspringen und Mich-Bemerkbarmachen ist Lebendigkeit. Mir Zeit zu nehmen um zu fühlen, dass ich bereits im ruhigen Dasein vor Leben übergehe - das schon.

Donnerstag, 13. Dezember 2007

der feine Unterschied...

Ist das nur meine Meinung, oder ist es tatsächlich idiotisch, einer müden Studentin so einen Kerl vor die Nase zu halten und dann noch profunde Analysen zu erwarten?





Barberinischer Satyr, schläft seit 200 v. Chr. (und die Münchner freuen sich)



Das Einzige, was mir in assoziativer Gedankenkette noch einfällt: was sich im Museum locker ein unschuldiges Kunst-Tarnkäppchen aufsetzt (jaja, beachtet bitte die jähen Qualitätsumschwünge der verschiedenen Richtungsenergien!) , löst am Plakat einen Skandal aus. Zur Erinnerung:



Samuel de Cubber, Aikido Vize-Weltmeister, zog sich 2002 aus


Tja, hätte der Herr Saint Laurent doch lieber auf einen steinernen Schniedel gesetzt statt auf Lebendfleisch - anscheinend sind wir auch 2002 nicht bereit für echte nackte Männer! Die entschärfte Version:


Meiner Treu... dass es im Museum versauter zugeht als auf der Straße - wer hätte es vermutet?!

Schöner Advent!

Dienstag, 4. Dezember 2007

Sein und Zeit


Weiß auf Weiß (K. Malevich, 1918)

Aufgestanden zwischen erstem und zweitem Schlummertastendruck.

Richtig aufgewacht im Hörsaal über den Dächern.

Betrachtungen eines Philosophen, der nichts von kategorialen Begriffsbestimmungen hält. Stattdessen sieht er Begriffe als Wegweiser zum persönlichen Nachvollzug.

"Verwandlung in das Dasein"
[... ! ...]




Apoll von Tenea (~2500 Jahre alt)

"In der Welt-Sein" des Daseins -
nicht Ich gegen die Welt,
sondern Ich bereits in ihr gegeben,
mein Dasein bereits welthaft.
Keine Be-ziehung zwischen uns, sondern apriori schon vereint.


So wie der Apoll, der in Horizontale und Vertikale eingespannt ist, aber vor Dasein und Lebendigkeit strahlt.
Von Gesetzen geformt, doch ungetrennt von ihnen,
ist er, was er zugleich verkörpert.
Unter der Steinhaut regt sich eine Kraft, die keine Handlung braucht um tätig zu sein.
Der Mensch ist da.

Es ist gleichgültig, worin er lebt - ich erkenne ihn sogar im Stein.
Der Stein besitzt Leben und lächelt das Lächeln des seienden Menschen.

Ich gehe an einem alten Mann im Park vorbei, der schmunzelnd nach oben blickt.

Warum will und muss ich mich nicht umdrehen, um den Grund seines Lächelns zu verstehen?

Vielleicht weil die Spiegelung des Betrachteten in seinen Augen schöner und wahrhaftiger ist, als jeder Vogel, jede Wolke, die ich dort oben finden könnte.

Vielleicht weil auch ich ein Mensch bin - ich sehe Augen und verstehe.