Donnerstag, 6. Juli 2006

Baumtrost

Das Herz in den Strom tauchen


Wurzeln schlagen

Treiben lassen


Berührt werden

Kobolde treffen


Federleicht werden


Abtauchen und die Zeit vergessen

Am Fluss steht eine ganz besondere Silberweide. Sie hat drei schlanke Stämme und beugt sich weit aufs Wasser hinaus. Die Wurzeln des ersten Stamms bilden ein Bett, in dem ich bequem liegen kann, der zweite Stamm ist zum Festhalten, und der dritte wächst in schönem Schwung, genau richtig, um sich draufzusetzen und die Füße ins Wasser zu halten. Irgendwo in der Nähe ist immer eine Entenkolonie, die sich faul treiben lässt. Blätter und Wasser glitzern um die Wette.


Es war eine lange Nacht, heute - und heute morgen war ich völlig aufgelöst, verwirrt... Mein altes Laster: ich tue Dinge, ohne das Einverständnis aller meiner "inneren Kinder" abzuwarten, ohne Rücksicht auf sie zu nehmen (weil sie mich manchmal einfach bremsen, denke ich). Und dann hab ich den Salat: fühle mich ganz zerbrechlich in meiner Haut, möchte mir eine Decke über den Kopf ziehen, mir die Arme um die Schultern schlingen und alleine sein. Die Türen verriegeln und mein Haus gründlich aufräumen. Dann muss ich dringend zur Weide und mir den Kopf wieder grade rücken lassen.

Meine Weide erzählt mir vom Loslassen und Drüberstehen, von Licht und Sonne, vom Alleinsein ohne Einsamkeit. Sie hat ein großes Herz und verlangt förmlich danach, umarmt zu werden. In ihren Wurzelarmen liegend sehe ich das Wasser vorüberziehen. Sie hilft gerne, mir einen unheimlich-heimeligen Mantel zu weben, der mich schützt und zugleich durchlässig macht. Sie lacht ein helles Lachen, malt mir Schatten auf die Beine und wirft mir gelegentlich auch einen Ast auf den Kopf, wenn es nötig ist. Sie sagt mir nicht, was zu tun ist. Solche Fragen straft sie mit einem scharfen Rauschen, oder auch mit Nicht-Beachtung. Sie weiß, dass ich mich selber helfen kann. Und sie hilft mir, zu sein - dunkel und hell, glitzernd und moosig, klar im Kopf und verträumt.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hallo meine liebe artemis, bin von deiner seite total begeistert und beeindruckt. bist so jung und hast schon so viel reife. es macht spaß, auf deinen seiten rumzublättern. du wirkst stark und zerbrechlich zugleich. scheinst ein wunderbares menschenkind zu sein. gabi

artemis hat gesagt…

liebe gabi,
es freut mich sehr, wenn es dir hier gefällt. ich denke, dass netz ist schon ein magischer ort, weil sich die menschen direkt ins herz schauen lassen. das finde ich immer sehr berührend und auch inspirierend. die gefahr ist aber, dass man das eigene leben, die eigene wahrnehmung aus den augen verliert (zumindest denke ich mir das manchmal...)

"in echt" wissen nur wenige von den gedanken und gefühlen, die ich hier niederschreibe. das ist teils so, weil ich mein herz nicht jedem ausschütten mag, aber auch, weil es für die menschen in meinem umfeld zu anstrengend wäre (und für mich auch). aber es tut mir gut, meine ganzen philosophischen anwandlungen hier abzuladen. und noch schöner finde ich es, wenn diese seite anscheinend auch die menschen anzieht, die ähnlich fühlen, die auch mich anregen & bereichern... auf der straße würden wir mit sicherheit aneinander vorbeilaufen ;)
ich lerne jedenfalls daraus, dass es "da draußen" tausendmal mehr wunderbare menschen gibt, als ich je zu hoffen gewagt hätte *lach*

alles liebe,
susanna