Mittwoch, 27. September 2006

nebenan im anderland


Es liegt gleich um die Ecke - das Auenland. Wenn Tolkien das gewusst hätte...
Viele Weissdornbüsche wachsen da, mit ihren verschraubten Stämmen und knorrigen Wuschelköpfen. Einige Faulbäume und Ebereschen. Und von allen dreien regnet es rote Beeren! Den kleinen Bach weiter runter wachsen 2, 3 Weiden, ein Apfelbaum, eine Kirsche... Und inmitten dieser Übermacht "weiblicher" Bäume eine einsame Eiche. Sie hat sich an die anderen angepasst und ist klein und knotig geblieben, hat dafür aber die ausladende Krone, die für die lundischen Bäume so typisch ist. Und gemütlich ist sie - bin kurz probe-gesessen.
Habe mir diesen Ort für meine erste Reise in die Anderswelt ausgesucht (eine Aufgabe, die ich ein bisschen vor mir her geschoben habe).


Ich wollte warten, bis mir eine wirklich wichtige Frage unter den Nägeln brennt. Man spaziert nicht einfach aus Neugier ins Anderland, hab ich mir sagen lassen. Trotzdem hab ich mir nichts besonders Mystisches oder Geheimnisvolles erwartet - ich war ja bestimmt schon mal dort; in meinen Träumen, Fieberträumen, Tagträumen...
Ich habe mir also einen schönen Baum gesucht in der Hoffnung, mich in der freien Natur auch wirklich konzentrieren zu können. Nach einigen Anläufen hat's geklappt - der Baum hat mich "verschluckt" (besser kann ich's nicht ausdrücken, auch wenn es wesentlich aufregender klingt als es war...).


Es war zu erwarten - meine Begleiterin "dort drüben" ist ein Schelm (und verdammt schnell). Wenigstens hat sich das Geschenk, das ich ihr symbolisch mitgebracht habe, als goldrichtig erwiesen.
Und was ich als Antwort auf meine Fragen erhalten habe? Einen Strohhalm, ja wirklich. Wortlos überreicht.

Das kann ja heiter werden...

Dienstag, 26. September 2006

freischwebend


Ich habe vor 3 Tagen mit einem Mudra-Weg begonnen. (Wer Mudras nicht kennt, klickt hier) Sie haben mir immer schon gut getan, aber es ist erstaunlich, welche Faulheit der Mensch entwickeln kann, wenn es darum geht, auch nur 3 x 10 Minuten seines Tages ruhig zu sitzen und die Finger zusammen zu stecken. *lach* Jetzt gibt's aber keine Ausreden mehr!

Es ging mir also noch ziemlich elend. Schon nach dem ersten Durchgang (10 Minuten) hat sich meine Stimmung aufgehellt. Der zweite und dritte Durchgang haben's dann gebracht - eine Achterbahnfahrt, eine echte "Gehirnstürmung" der Hintergründe und Gründe für meine kaputte Niere.
Hinterher waren die Decke, an die ich gestarrt habe und das Bett unter mir immer noch die gleichen, aber ich hab verstanden, warum ich da liege. Und eine Welle der Dankbarkeit für meine wunderbare Maschine hat mich erfasst. Es ist wirklich nicht mehr schwer, seinen Körper zu lieben, wenn man erst mal kapiert hat, aus welchen Schlamasseln er einen durch eine Krankheit herauszieht.

Und ich erlebe das Wunder Genesung ein weiteres Mal. Steige wieder mit einem neugeborenen Gedanken aus dem Bett, trage ein neues Baby mit mir... Ich bin richtig müde, aber es ist eine andere Art von Müdigkeit, kein Schleppen, keine Erschöpfung. Ich bin dankbar.

"Der Mensch hat die Pflicht, gesund zu sein.
Nur so kann er den anderen helfen und wird er ihnen nicht zur Last fallen."

Thomas Garrigue Masaryk




Eine Liste, die ich vor 2 Jahren im Krankenhaus nach meiner ersten (und bisher letzten) Operation geschrieben habe. Sie gilt immer noch und immer wieder, aber die Umsetzung verändert sich:

Gesund sein
  • Emotionen und Alltag beobachten
  • sanft werden
  • diszipliniert bleiben
  • Schuldgefühle abschütteln
  • Klarheit und Reinheit kultivieren
  • Selbstverantwortung leben
  • Perfektionismus in konstruktive Bahnen lenken
  • Beobachter sein, die Sinne benützen, wachsam sein
  • Stille
  • einen Fuß vor den anderen setzen
  • Zuversicht leben und dankbar sein
  • Ängsten in die Augen sehen, sie loslassen
  • hier bleiben
  • lieben und leben lassen
  • tragen und getragen werden
  • offen sein wie das Element Erde

Donnerstag, 21. September 2006

Geduld, Geduld

Das mit dem Gesund-Werden funktioniert momentan nur auf Umwegen - bin wieder im Bett, diesmal mit Nierenentzündung. Gar nicht so einfach, hier in Schweden an Ärzte zu kommen. Aber jetzt, wo ich endlich auch Medikamente habe, die wirken, wird die Welt auch langsam wieder bunt und schön.

Ich war in den letzten Tagen und Nächten auf dem Weg durch die Unterwelt - bin noch nicht ganz aufgetaucht, aber das Schlimmste ist überstanden. Unglaublich/unheimlich, welche morbiden Bilder im Fieberbackofen vor dem inneren Auge auftauchen - je älter ich werde, desto stärker werden auch die Schübe, in denen sich mein Innerstes mit dem Tod auseinandersetzt. Es ist ein Balanceakt, mich meinem kranken Körper anzuvertrauen, weich zu werden und dabei gleichzeitig zuversichtlich und fröhlich zu bleiben. Aber: eine Lektion in Geduld hat mir noch nie geschadet.

Und außerdem: es leben die Antibiotika!

Dienstag, 19. September 2006

Es wird wieder dunkel


Nach einem 3 wöchigen Rundumangriff auf meine Gesundheit (Grippe, entzündete Mandeln, entzündete Blase und dazu noch totale Verstopfung) bin ich wieder halbwegs hergestellt - aber so erschöpft, dass ich irgendwie nicht mehr einschlafen kann. Fühl mich wie die Wäsche nach dem Schleudergang. Und ich habe zum ersten Mal Heimweh. Möchte auf den Schlossberg klettern, am Fluss auf meiner Weide sitzen, nicht ständig die Ohren spitzen müssen sondern einfach verstehen, was die Menschen um mich herum sprechen. Habe jetzt mal genug von der Selbsterfahrung. Will nicht mehr alle paar Meter neues unbekanntes Seelenland zu betreten, auch wenn das wirklich schön und lehrreich ist. Habe keine Kraft mehr dafür. Jetzt nicht.

Ich liebe die schönen runden Karten aus dem "Göttinnenzyklus", ganz besonders dann, wenn's mir nicht so gut geht. Habe gestern eine Kraftkarte gezogen:

Das VIII Haus, der Geheime Ort

Hier geht es um Loslassen in einem Bereich jenseits vom Anstand, sozusagen. Habe mir Zeit für die dazugehörige Übung genommen: der Schattenkraft begegnen, sie zeichnen, ihr zuhören. Die Zeichnung ist sehr minimalistisch ausgefallen, ein paar flammender Augen, scharfe Zähne, Blut, eine lange Zunge - Kali, im Großen und Ganzen... Sie hockt im Dunkeln, ist ausgemergelt und sehnig, klein, flink und sieht aus wie das weibliche Gegenstück zu Gollum. Sie ist abgrundtief böse, zieht die Haut von den Knochen, zerfleischt, frisst auf, nimmt den Verstand, kennt keine Grenzen, keine Moral, keine Logik. Sie tötet nicht aus einem Bewusstsein für Zyklen, oder aus Gerechtigkeit, sondern ganz einfach, weil sie töten möchte. Sie mag Blut. Das ist die einzige Regel.

Manchmal habe ich kein Problem mit ihr, sie ergänzt mich ganz wunderbar. Ich muss nicht sie sein.
Oder vielleicht ist das auch ein Trick - dass sie mich glauben lässt, ich wolle sie nicht verstecken? Ich sehe nämlich immer weniger Grund, sie zu verbergen. Manchmal bin ich sogar richtig gerne ein Arschloch (beängstigend, befreiend...)! Meine Schattenkraft fühlt sich geradezu herausgefordert, blutig zu reagieren, wenn mich jemand mit Anerkennung, Lob und Komplimenten überhäuft. "Nicht mit mir!" brüllt sie, "Glaub' bloß nicht, ich ließe mich kaufen!" Und ich mag dieses Gefühl, habe einen guten Sensor entwickelt für Menschen, die wirklich aus Freude loben oder meine Nähe suchen, und solche, die eigentlich etwas anderes möchten. Habe mich als Zerstörerin erlebt, diese Kraft und Befreiung genossen und gelernt: manchmal ist die völlige Verwüstung der einzige Weg, die Erde wieder fruchtbar zu machen. Im Moment der Zerstörung aber habe ich das nicht im Auge. Da geht es einfach nur darum, wirklich jeden Knochen zu brechen, jede dunkle Ecke zu betreten, zu sterben, ohne daran zu glauben, dass man jemals wieder heil und lebendig werden wird.

Manchmal habe ich ein Problem mit ihr:
Wenn sie schneller ist als ich. Wenn sie mich in Fieberträume schickt. Immer dann, wenn sich ihre Blutlust gegen mich wendet. Wenn ich mit ihrer Hilfe den Anstand verletze, aber nicht an der Stelle, an der es mich wirklich weiterbringen würde. Wenn sie ausgerechnet dann verschwindet, wo ich sie wirklich brauchen könnte. Weil sie mir Angst macht, meiner Kontrolle entgleitet. Weil ich nicht sterben möchte. Und weil ich manchmal - so wie jetzt - einfach keine Energie, kein Fleisch mehr für sie habe.


Samstag, 16. September 2006

01:13

Die Diskussion der Internet-Community läuft derzeit heiß: Ratzinger; Religion; Respekt; Macht; Auflehnung; (blinder) Glaube; Verhärtung;... nur ein paar Stichworte.

Interessant ist daran nur, dass ich mich zufälligerweise (?) gerade selbst seit Längerem mit der Entwicklung und Geschichte meines persönlichen Glaubens auseinandersetze. Zum Beispiel auch jetzt nächtens um 01:13 auf dem Thron, wo ich seit einer Stunde daran arbeite, eine Blasenentzündung auszuschwemmen (der Vollständigkeit halber möchte ich noch anmerken, dass im Hintergrund Strauss-Walzer laufen und später noch Strauß-Lieder laufen werden - ich weiß, das Gesamtbild ist bestimmt etwas verstörend).

Also.

Ich habe einmal im Radio von einer Untersuchung gehört, die u.a. zu Tage förderte, dass Menschen eher öffentlich über ihre perversesten sexuellen Vorlieben/Gelüste plaudern, als über ihren Glauben und ihr religiöses Empfinden. Ich denke auch, dass ein öffentlicher Diskurs über persönlichen Glauben relativ nah an das Bild herankommt, mit weit gespreizten Beinen auf einer großen, großen, grell ausgeleuchteten Bühne zu liegen. Zumal Menschen, die sich als gläubig outen, leicht einmal mit ein paar mitleidig-belächelnden Blicken bedacht werden. Dummerweise sind ja fast ausnahmslos auch die Versender solcher Blicke selbst ja auch gläubig (selbst wenn sie an nichts glauben, glauben sie ja noch).

Ich bin sehr feig. Ich sage wenigen, dass ich glaube und fast niemandem, was ich glaube. Eher spreize ich noch vor einem völlig Unbekannten weit die Beine oder gebe zu, dass ich verdammt gerne Strauß- oder Puccini-Opern auf Schallplatte höre und dabei vor mich hin weine, ehrlich. Und auch meine Zeiten als totale Anzweiflerin habe ich weitgehend heimlich verbracht. Eine meiner jugendlichen Lieblingsbeschäftigungen war das Beschimpfen Gottes möglichst auf blasphemische und dreckige Art und Weise, und zwar jeden Tag auf der Toilette (was hat es mit dem Klo auf sich?). Es ging mir nicht darum, z.B. bestehendes Unrecht anzuklagen (sterbende Menschen, hungernde Kinder). Ich war einfach ziemlich angewidert von diesem überirdischen Etwas, das beständig als "unendlich groß", "allwissend", "voller Liebe" beweihräuchert wird. So gütig, dass es milde lächelnd an der Kreuzung wartet, um uns vom rechten Weg abkommen zu sehen und uns dann, wenn wir unseren dummen menschlichen Fehler wieder eingesehen haben und reumütig zurückgekrochen kommen, genauso milde lächelnd wieder an der Hand zu nehmen. Ein Gott, der sich durch das Geschenk des freien Willens an seine Menschen geschickt aus aller Verantwortung herauswurschtelt und dabei aber leise weinend zusieht, wie sie sich gegenseitig Schmerzen zufügen und in den Abgrund laufen (ein Maso?). Mein Gottesbild war das einer im Stillen allmächtigen Hausfrau des 19. Jahrhunderts, die milde lächelnd Unpünktlichkeiten und Unzulänglichkeiten ihrer Schäfchen hinnimmt, ihnen geduldig bei ihren Verirrungen zusieht ohne auf den Tisch zu hauen oder laut und ausfällig zu werden (weil: jeder muss selbst lernen) und dabei aber sowieso alles schon besser weiß, was sie aber die armen Würmchen in ihrer unendlichen Liebe niemals spüren lassen würde - sie lehnt nur milde und gütig in der Tür und sieht zu, wie sie sich gegenseitig die Haare ausreißen oder in ihr Unglück taumeln...

Einige Jahre später:
Ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich mich von ihr spirituell ausgehungert fühle - eine Päpstin würde daran nichts ändern, weil ich nämlich nicht mehr nur an eineN Gott glaube, ich alte Heidin. Die Entdeckung der GöttIN war eine Offenbarung für mich, hat meine Seele gestreichelt, hat eine Begegnung mit DEM Gott erst wirklich möglich gemacht... Ich glaube nicht daran, dass die Schöpfung abgeschlossen wurde und perfekt ist wie sie ist (egal ob in 7 oder in 7 Milliarden Tagen) - ich bin überzeugt davon, dass sie immer weiter und weiter erschaffen wird, dass daran nicht nur die da oben beteiligt sind UND dass sie schön ist.

Und sonst?

Ich gestehe:

Ja, die Götter sind unendlich groß.
Ja, die Götter sind unendlich wissend.
Ja, sie sind voller Liebe.
Ja, sie lassen mich manchmal davonlaufen,
und gehen heimlich trotzdem mit.
Ja, sie verweigern mir nie ihre Hand,
wenn ich sie brauche.

Aber das alles würde ich gar nie
und in keinem Fall
zugeben.

Montag, 11. September 2006

Fieber

Also ehrlich, ich bewundere die sogenannten "fröhlichen Kranken". Menschen, die sich von so einer kleinen Grippe/Angina/Blasenentzündung o.Ä. nicht wirklich aus ihrer ruhigen und gelassenen Grundstimmung reißen lassen. Ich kann das nämlich nicht. Ich bin eine weinerliche, grantige, zwiedere und mitleid-heischende Kranke. Ich mutiere ab dem ersten Kratzen im Hals schlagartig zu einem kleinen Mädchen und ab dann geht es nur mehr abwärts...

Es ist nämlich so: man hat die Wahl, während der Ferien krank zu werden, oder eben nicht während der Ferien. Egal wie es dann kommt, man hätte es gerne genau anders herum (sobald man sich einmal mit dem Zustand des Krankseins per se arrangiert hat). Die schwierigste Übung am krank-Sein-ausserhalb-der-Ferien ist für mich nicht, irgendwie mit der körperlichen Zerschlagenheit umgehen zu lernen, sondern der geistigen Sorgenmühle Einhalt zu gebieten. Mit jedem 10el Grad Fieber mehr, oder von mir aus mit jedem kleinen Hüsteln, steigt die Menge der "Ich sollte doch noch.." und "Ich muss doch eigentlich aber noch..." - Gedanken, die einem innerhalb einer Minute durchs Hirn schießen, an. Am Ende sehe ich meine gesamte Existenz wegen dieser oder jenen liegengebliebenen Sache den Bach runter segeln. Wenn ich allerdings die Anzahl meiner Gesundheits-Ausfälle mit beispielsweise den Prüfungsergebnissen der letzte Jahre vergleiche, sollte ich mir eigentlich gar keine Sorgen machen. Es ist aber zwecklos, meinem Hirn mit statistischen Wahrheiten zu kommen; es gelingt ihm nicht, sich von der Krankheit nicht beeindrucken zu lassen - denn: mens sana in corpore sano und wenn der Körper nicht gesund ist, kann das Hirn nicht sauber denken!

Wenn sich aber das Hirn einmal mit der Vorstellung angefreundet hat, dass auch eine verpfuschte Existenz durchaus lebenswert und gut sein kann, beginnt der Heilungsprozess. Es ist aber jedes Mal eine Herausforderung, mein Hirn dazu zu bringen, nicht gegen die Krankheit zu kämpfen und sich einfach in diesen Körper zurückzulehnen, egal wie unbrauchbar er sich gerade anfühlen mag.

Das Eigentümliche an Krankheit ist ja nämlich, dass sie die Wahrnehmung völlig in den Körper hineinzieht und man sich plötzlich keinen anderen Zustand mehr vorstellen kann. Und so kommt es, dass ich wirklich bei jeder Angina, die ich in meinem Leben schon ausgebrütet habe, das sichere Gefühl hatte, nie wieder gesund werden zu können und an meinen höllischen Schmerzen zugrunde gehen zu müssen. :)

Das Zweiteigentümlichste an Krankheit ist, dass sie einem Geburtsprozess ähnelt. Besonders die fiebrigen und entzündlichen Erkrankungen sind sozusagen Gebärbeschleuniger, wenn es um neue Ideen oder die Entwicklung der Persönlichkeit geht. Das sollte chronisch Bettlägrige jetzt nicht dazu verleiten, ihre schleissige Immunabwehr mit einer hochentwickelten Persönlichkeit schönzureden, so geht das nicht!

Das dritteigentümlichste an Krankheiten: jeder Mensch hat so seine Lieblingskrankheiten und es ist unglaublich spannend, zu untersuchen, woran sie gekoppelt sind. Mein Körper hat die Angina gewählt, um meine Gedanken zuverlässig zurückzuholen, wenn sie sich für längere Zeit auf ungesunde Weise vom Hier und Jetzt entfernen. Angina ist meine zuverlässige Geheimwaffe gegen jede Art von Besessenheiten und Abhängigkeiten. Dieser Eintrag ist da ein sehr gutes Beispiel...

Fazit: ich lenke mein Hirn ab, lasse meinen Körper tun was er gut kann und bin gespannt, mit welchem (geistigen) neuen Baby ich meinem Krankenlager wieder entsteigen werde...

Freitag, 1. September 2006

Hart, aber herzlich

Habe Freitags den argen Fehler begangen, mich in meinem leicht labilen Zustand in ein schwedisches Modehaus zu begeben. Selbstmitleid in Kombination mit einem Haufen enorm gut aussehender blonder Mädchen ergibt unter Umständen eine wirklich böse Mischung! ;)

Ich habe den Laden fluchtartig verlassen und bin anschliessend zu einer Weide in den Stadtpark. Fuehlte mich ganz elend und habe Trost erwartet, oder zumindest Mitgefuehl. Dabei sollte ich Weiden mittlerweile kennen - sie schmieren niemandem Honig ums Maul, selbst einem kleinen verzweifelten Häufchen Elend nicht, das heulend an ihrem Stamm kauert.
Weil ich das Gefuehl hatte, keine Verbindung zum Baum zu haben, dachte ich zunächst, ich könne in meinem Zustand einfach nichts mehr "hören". Dann war ich davon ueberzeugt, monatelang einem Hirngespinst aufgesessen zu sein un dass so etwas wie Kommunikation mit Bäumen schlicht Idiotie ist.
Aber zuletzt musste ich erkennen, dass weder Hörschaden noch andere Kommunikationsprobleme vorlagen, sondern dass diese Weide schlicht und ergreifend nicht freundlich oder mitleidig sein wollte. Als das einmal durchgesickert war, hat mir die Gute ziemlich den Kopf gewaschen. Ob ich nicht andere Probleme hätte als die Ringe auf meinem Bauch!?

...

Und sie liess mir einen Gedanken durchs Hirn schiessen, den ich im Nachhinein unglaublich finde:
"Hör endlich auf damit und denk an die Menschen, die dich lieben!"

Ich habe diesen Satz leicht abgewandelt am selben Tag noch zweimal gehört. Sich selbst kaputt zu machen ist eine Sache, aber daran zu denken, dass man damit auch diejenigen verletzt, die einen schätzen und lieben, eine andere. Und noch einmal eine andere, diese einfache Erkenntnis auch wirklich zu erkennen...
Und seitdem: Ruhe. Unglaubliche, schöne, wohltuende Ruhe. Ich kreise nicht mehr um meinen Bauchnabel, meinen Teller, meine Unzulänglichkeiten...
Danke Weide.