Montag, 13. März 2006

Utrecht swingt

Waren gestern in einer seeehr netten Jazz-Bar mit einer irren (!) Band. Ich war vollkommen elektrisiert. Habe die Interaktion genossen, den Fluss, den Wirbel, den Tanz; zwischen Musikern und Instrument, Musikern und Musikern, Musikern und Publikum.
War vollkommen im Fluss, wie ein Gefäß durch das die Töne geflossen sind, offen, durchlässig und aufmerksam. Ab dem Moment, in dem mein Kopf versucht hat, musikanalytisch nachzukommen, bin ich sofort wieder aus diesem Gewässer aufgetaucht - das Festhalten hat bewirkt, dass meine Aufmerksamkeit schlagartig verloren ging.
Mein Problem beim Musikhören ist ja manchmal, dass ich meine, das Gehörte behalten zu müssen, um tatsächlich etwas gehört zu haben. Ich glaube, entgegen dieser Theorie hat mein Körper jede einzelne Note von gestern behalten. Ich habe sozusagen über die Haut gehört, mit dem ganzen Körper, allen Sinnen, als gleichberechtigter Teilnehmer in einer Gesprächssituation.

Wir haben über Haut- und Körpergedächtnis geredet, über die Interaktion beim Musikmachen und die Teile des Charakters, die dabei sichtbar werden.

Er ist kompakt. Kein gelöster, aber ein konzentrierter Musiker. Sein Körper ist genauso. Er ist im Grunde genommen ein einziger Muskelstrang, mein erstes Bild war: wie ein Baum in einem sehr kargen Gebiet. Nichts Überflüssiges: was braucht man? Wurzeln, einen Stamm der hält, Äste. Alles in der Vertikale - keine Ausbreitung oder Abschweifung. Nicht aus Schüchternheit oder Angst, glaube ich, sondern weil es eher Ablenkung vom Wesentlichen wäre. Nicht Sex war für mich das Zentrale der ganzen Sache, sondern eher der "Nebeneffekt": die Entdeckung eines so gegensätzlichen Körpers. Ich breite mich aus, strecke mich in alle Richtungen (geistig und körperlich). Ich finde meine Konzentration in der Fülle. Dass sich in einem Körper so viel spiegelt, eröffnet für mich völlig neue Dimensionen. Es verändert den Schönheitsbegriff. Ich könnte ja auch nur sehen, dass jemand einfach nur sehr schmal, stämmig, sehnig oder gedrungen ist. Von der Spiegelung des Geists im Körper und umgekehrt wird ja viel geredet. Sie bewusst zu entdecken, zu erleben war für mich schon eine kleine Offenbarung.

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