Asteya
Nicht-Stehlen, das Recht anderer nicht verletzen, Großzügigkeit
Ich gehe durch eine Phase der ständigen Sorge. Zum ersten Mal in meinem Leben begegne ich existentiellen Ängsten, die nichts mit der Todesangst zu tun haben, die mich jährlich in Schüben bei Winterbeginn und im Frühjahr besucht. Ich fürchte mich auf einmal nicht mehr vor meiner persönlichen Endlichkeit, sondern vor der schrecklich kurzlangen Spanne, die es "bis dahin" noch sinn-voll zu machen gilt. Ganz nach dem Motto:
„Wie kriege ich die Zeit vor meiner Beerdigung noch rum?“
Ich bin überrascht von dieser mich ständig überrumpelnden Lebensfurcht und von der Heftigkeit der Sorgen-Schleife, die mich von einem „Problem“ zum nächsten schleudert, während ich bei Sonnenschein mit Tee auf dem Sofa sitze (und nicht hungrig unter der Brücke). Da sehe ich mich aber schon enden und fühl ich mich, als würde ich im freien Fall durch das Netz der Schöpfung stürzen, zu klein für jede Masche – ein zu unbedeutender Fisch, und zugleich ein ganz armer.
Nebenher beschäftige ich mich halbherzig mit Asteya und irgendwann geht mir der Knopf auf. Das eigentliche Problem sind ja nicht die Probleme, sondern die Natur der Sorge: zwar ist sie völlig zwecklos, hat dabei aber einen hohen Suchtfaktor. Bequem ist sie auch; eine scheinbar natürliche Reaktion auf alle Hindernisse und Unergründlichkeiten. Und wie kraftlos das Sorgen macht! – da hält nicht einmal der anstrengendste Versuch, ein Hindernis zu überwinden, mit.
Da liegt sie plötzlich sonnenklar vor mir, meine Aufgabe des Augenblicks: das Sorgen nicht nur als zwecklosen Zeitvertreib zu erkennen, sondern als gemeinen Diebstahl. Es geht dabei nicht nur um den Raub des Antriebs, sondern auch darum, dass durch das Suhlen in Zweifeln und Sorge der Mensch seine grundsätzliche Fähigkeit, Verantwortung und Da-Seinsberechtigung zu vergessen beginnt. Ganz davon abgesehen, dass er sich um die Entwicklung von Vertrauen, Hingabe und Gelassenheit bringt.
Da liegt sie plötzlich sonnenklar vor mir, meine Aufgabe des Augenblicks: das Sorgen nicht nur als zwecklosen Zeitvertreib zu erkennen, sondern als gemeinen Diebstahl. Es geht dabei nicht nur um den Raub des Antriebs, sondern auch darum, dass durch das Suhlen in Zweifeln und Sorge der Mensch seine grundsätzliche Fähigkeit, Verantwortung und Da-Seinsberechtigung zu vergessen beginnt. Ganz davon abgesehen, dass er sich um die Entwicklung von Vertrauen, Hingabe und Gelassenheit bringt.
*~*~*
Und nebenbei: schon komisch, dass wir so ganz natürlich und selbstverständlich mit diesem Hirngefängnis „Sorge“ aufwachsen, Stichwort: Vor-Sorge (sich schon im Voraus sorgen), Sorg-Samkeit (manche meinen damit Gründlichkeit, die hat aber nix mit Angst zu tun), Für-Sorge (mich für den anderen gleich mitsorgen, vielleicht hilft es ja…). Vielleicht nur Wortspiele, aber sie deuten dennoch an, für wie berechtigt die Sorge gemeinhin gehalten wird. Ein "sorgloser Umgang" wird ja üblicherweise nicht so gerne gesehen...
"Warum vorsorgen?" fragt diese Bank und gibt die
Antwort:
"Ihre Sorgen möchten wir haben"
... und die Verantwortung übernimmt die richtige
Bank/Versicherung...
Juhu, Sorgen machen - aber richtig!
(Für Nicht-Österreicher: der nette Herr links ist von der Bank, der Papa rechts hat gegen diesen Babysitter anscheinend nichts einzuwenden.)