Montag, 28. Mai 2007

rückblick


Heute hat meine letzte Woche hier in Schweden begonnen. Im Frühjahr hab ich mit der Rückkehr noch gehadert, jetzt fühlt es sich richtig an. Ich bin neugierig, was als nächstes kommt.
Zeit für Rekapitulation. Weil's Spaß macht. Aber auch um mich auf die "Na, wie war's?"-Frager vorzubereiten.

Wie war's eigentlich?

Schön war's/ist es noch!
Bewegend, in vielerlei Hinsicht. Sich an einen Rand bewegen, im Inneren und im Äußeren, bringt neue Ideen, neue Einflüsse, neue Ängste, neue Herausforderungen.
Bewegung war immer da - entweder zu Fuß oder mit meinem hellblauen Rad über die Kopfsteinpflaster, mit dem Zug durch Schweden und Dänemark, mit dem Bus an ein paar andere schöne Ecken. Achja, und Yoga. Soll ich das schon wieder erwähnen? Ich bin einfach überrascht, dass ich mich einer Aktivität derart ausdauernd und beständig widmen kann (obwohl, naja, stur war ich immer schon)...

Aufrüttelnd. Was den derzeitigen Zustand der Welt anbelangt, habe ich hier so viel gelernt, dass ich manchmal ganz gerne wieder vergessen würde. Jeden Tag kommt praktisch etwas neues dazu. Gestern habe ich zum Beispiel Vergleichsbilder der alpinen Gletscher gesehen: 1900 (vorher), 2005 (nachher). Was soll ich sagen: das Eis is futsch. Den Touris fällt das halt nicht auf. Ich hätt auch nicht gemerkt, dass da einmal viel mehr Weiß war. Wenn ich solche Dinge sehe, werden meine Augen dann doch nass - weil's meine Heimat ist. Und weil mich die "Mir wurscht!"-Haltung, die mir immer wieder begegnet, manchmal einfach aus den Schuhen schmeißt.


Jeden Tag ist hier ein bisschen mehr Wissen dazu gekommen: aha, meinen alten Fernseher schmeißen sie auf die Müllhalde Nigeria, ... , aha, ein Kilo Erdapfel benötigt 5% des Wassers, das ein Kilo Rind verbraucht, oh - es gibt sowas wie Permakultur?, aha, so funktioniert Politik; achso, wenn der Himalaya schmilzt, gibt's für die großen Flüssel in Asien kein Wasser mehr, und damit keinen Reis?; mhm, in Malmö gibt's einen ganzen ökologischen Stadtbezirk!; stimmt, "nachhaltig" und "Entwicklung" schließen sich aus, weil man nicht nachhaltig immer mehr produzieren kann; mal nachrechnen: wieviel Baum braucht eine 100km Autofahrt? - aha, 6 Stück; schau mal, in Schweden sind die Tomaten aus Holland billiger als die aus Schweden!; und wo kann ich in meiner Stadt eigentlich mithelfen?

Herausfordernd. Und dann noch die allerhärteste Lektion von allen: es gibt Menschen, die sich das vollkommen am Arsch vorbeigehen lassen. Denen Veränderung furchtbar Angst macht (ich meine, mehr als dem durchschnittlichen Erdenbürger). Die das Lernen offiziell mit dem Schulabschluss an die Wand genagelt haben. Die nicht einsehen, warum sie nicht jeden Tag shoppen und verschlingen sollten. Oder die einfach nicht erkennen können, dass etwas falsch läuft. Damit zumindest könnte ich leben.
Aber oft sind das eben auch jene Menschen, die den Einsatz anderer schlecht und lächerlich machen, die Zucker in den Motor schütten und sich querlegen. Mich davon nicht totschlagen zu lassen, daran arbeite ich noch. Und beruhigenderweise hab ich auch massenhaft Menschen kennengelernt, die mir allen Grund zur Hoffnung geben.

Klärend. Wovon ich erfahre, dass es mir und anderen schadet, nehme ich Abschied. Je mehr Dinge ich aus meinem Leben befördere, desto zentrierter fühle ich mich. Meine Selbstsicherheit ist gewachsen, weil ich sehe, ohne wieviel Dinge ich trotzdem noch immer bin! Das hab ich zum Beispiel beim Yoga gelernt: je mehr ich mich in einer Pose von der Peripherie (Füße, Hände) in die Mitte hinein bewege, je mehr ich alles in das Zentrum hole, desto mehr kann ich mich aus diesem starken Zentrum in die Pose entfalten, ohne meine Standfestigkeit zu verlieren. Dann ziehe ich mich nicht aus den Ecken meines Körpers in die Länge und ignoriere meine Anatomie, sondern dehne mich aus der Mitte heraus. Das lässt sich aufs ganze Leben übertragen.

Hingabe. Es steht fest: mein Leben, meine Talente, meine Entfaltung, möchte ich in den Dienst stellen. Wenn ich Dinge lerne, können sich andere dieses Wissen leichter aneignen. Gleichzeitig motiviert mich diese Aussicht ungemein, und gibt selbst den kleinsten Dingen die ich tue, Bedeutung. Achtsamkeit, Liebe, Neutralität, ... - je mehr ich mich darin übe und meine Erkenntnisse allen zur Verfügung stelle, desto mehr bekomme ich zurück.

Bezaubernd. Ein bedeutender Motor hinter all dem ist ein ganz besonderer Mensch. Ja, auf diese Art Beziehung, wie ich sie in den vergangenen Monaten gelebt habe und jetzt lebe, hab ich schon lange hingearbeitet. Das scheint vielleicht der kleinste Abschnitt in diesem Eintrag, aber in Wirklichkeit war das der größte!

Inspirierend. Ich habe einen Haufen neuer Ideen, aufgepasst!

Zuerst geht's aber noch für einen Monat auf Insel-Hoppen in Griechenland. Um die Landung nach Österreich abzufedern...

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