Samstag, 6. Jänner 2007

traum-gewebe

Bin also seit ein paar Wochen in meiner neuen alten Haut.
Am meisten Schwierigkeiten bereitet mir das Zimmer, in dem ich die Wochen vor meiner Abreise geschlafen, geträumt, geschrieben und getanzt habe. Die Erinnerungen haben sich tatsächlich wie ein Netz um mich gelegt, als ich nach Monaten wieder über seine Schwelle gestiegen bin.

Damals war Schweden noch das große Unbekannte, die große weite Welt; meine Aufregung brodelte unter der Oberfläche. Ich hatte die meisten Taue schon gekappt und stand die letzten Wochen vor meiner Abreise innerlich wie im Niemandsland. Unheimliches, schönes Gefühl.

Dieser Raum war eine Zauberhöhle, mein Zufluchtsort. Damals noch mit ständig geöffneter Balkontür; die Tanne vor dem Fenster vertrieb die Insekten und wehte mir dunkel-moosige Träume durchs Zimmer. Im Regal schliefen Steine, Zapfen, Muscheln, Schneckenhäuser, Federn, Äste, Rindenstückchen - sprachen mir manchmal Mut zu für die Reise...

Jetzt ist mir das Wirrwarr der Stimmen in diesem Raum zu viel. Ich fühl mich nicht wohl - ich habe in Lund ein gutes Gespür für Räume entwickelt, fällt mir jetzt auf. Und hier bekomme ich den Eindruck, dass mir ständig was im Nacken sitzt. Wie in jedem Zimmer gibt's hier auch zwei oder drei "Müllhalden" - meistens sind es die, die einem im Nacken sitzen. Und meistens wird's mir nach ein, zwei Wochen zuviel und ich miste genüßlich aus. Diesmal ist es anders. Ich schaff es irgendwie nicht, jeder Anlauf erstickt im Keim. Jetzt erst habe ich unter Mühen meinen Koffer endlich entleert...

Die Schwingungen waren an den ersten Tagen so stark, dass ich das Gefühl hatte, aus einem Traum zu erwachen. Lund, Schweden, die Menschen, die Freunde,... alles entglitt mir plötzlich, mein Leben dort konnte ich auf einmal nur schemenhaft erinnern und je mehr ich an der Erinnerungen zerrte, desto schneller war sie in eine dunkle Gehirnwindung zurückgekrochen; ... es war unheimlich.

Jetzt wo mein Hirn sich wieder halbwegs Orientierung verschafft hat, kommen auch die Erinnerungen zurück; gemeinsam mit dem Wissen, dass ich ja nur vorübergehend zurück bin. Hatte ständig kalte Hände und Füße seit ich hier bin, jetzt taue ich langsam auf. Beobachte relativ entspannt und belustigt, wie ich in alte Fußstapfen steige - eigentlich aber bemerke ich, wie viel neue ich in der Zwischenzeit getreten habe.

Fazit: Lund IST mein Paradies.
Mein Neujahrsvorsatz hat sich dieses Jahr ganz von selbst vorgesetzt:

mein Leben noch mehr ausquetschen, noch mehr in den Moment hineinatmen, die Köstlichkeiten kosten -
mehr gibt's nicht zu schreiben.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hallo artemis, dein fazit "zum heulen schön". gabi

Anonym hat gesagt…

Sobald dein Paradies mit einer Örtlichkeit verbunden ist, und nicht nur mit Dir selber, wirst du es verlieren.

Trotzdem liebe ich Deinen Neujahrsvorsatz! Viel Glück bei der Verwirklichung!

artemis hat gesagt…

ja, das klingt schon sehr schlau, aber trotzdem gibt es orte, an denen sich das innere paradies besser finden lässt als an anderen. mein momentanes paradies - lund - werde ich natürlich wieder verlieren. darum auch der neujahrsvorsatz.

und der zweite:
selbstheilungskräfte aktivieren lernen. dazu später mal mehr.