Montag, 21. August 2006
Losung
ich kann nichts, ich bin nicht,
seit Dir.
Zähle Silben, Talente, Kalorien -
Addition und Subtraktion.
Weniger, weniger werde ich.
Rast-los, Schlaf-los bist Du,
Bröslig und Saft-los
wird meine Kraft.
Aussatz, verhänge Spiegelbann.
Herz-los, Freud-los vermesse ich
mein Können,
vermisse meine Schöpferkraft.
Folge mir selber aufs Glatteis,
kratze ab.
Samstag, 19. August 2006
Baumtrost, in der Fremde
War 3 Stunden lang im Netz, habe ein bisschen geweint. So viele schöne Mails. Einsamkeit und Fremdsein haben mir plötzlich richtig zugesetzt. Fuehlte mich ganz paranoid, wollte aus dem Computerraum gar nicht mehr hinaus. Hab es trotzdem gewagt, bin durch die Stadt, hab einen billigen Tuerken gefunden, bei dem es Gemuese und Obst zu halbwegs normalen Preisen gibt (ich bin nicht bereit, umgerechnet ueber 4Euro fuer ein Kilo Vitamine zu bezahlen!).
Ich bin durch den Park geschlendert und habe nach einem schönen Baum Ausschau gehalten, von dem ich mich ein bisschen trösten lassen könnte.
Freitag, 18. August 2006
Kulturschock
Es ist soweit - ich bin in Schweden!
In meinem Kopf ist Achterbahn: so viele Dinge zu tun, Adressen abzuklappern, Formulare einzupacken, Zettel durchzulesen, Deadlines zu bedenken... Mein Hirn wehrt sich dagegen, mehr als 3 Tage im Voraus zu denken, und das ist gut so. Interessanterweise denke ich aber auch kaum rueckwärts - mit dem Aussteigen aus dem Flieger ist das Kabel nach Österreich abgeschnitten worden. Ich lebe also vor allem im Augenblick, und in diesem Augenblick fuehle ich vor allem:
Angst! Ueberforderung! Verwirrung!
Ich halte Ausschau nach Vertrautem und Dingen, die mir gefallen, mit denen ich mich anfreunden kann. Ich rieche noch deutlicher, höre den Leuten genau zu, ich suche nach schönen Perspektiven und Blickwinkeln... Ergebnis ist, dass ich ziemlich schnell vollkommen erschöpft bin. Habe ausserdem das Beduerfnis, ganz unscheinbar zu werden, in der Masse unterzutauchen.
Vermisse auf einmal Dinge, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie mir fehlen könnten! Der Rettungsanker: Yoga. Wie immer. Ich muss mir hier ganz schnell etwas suchen, das mich verwurzelt. Es gibt so viele viele schöne Bäume hier, da wird doch bestimmt einer fuer mich dabei sein!
Mittwoch, 9. August 2006
Lammas - Das Opfer
Fotoapparat immer dabei; Wasserflasche dabei; ein oder zwei Tücher, damit ich mich zwischen zwei Vorlesungen eine Runde in den Wald setzen kann; bei der Arbeit die Mittagspause unter einen Baum verlegen; Meditation in der Straßenbahn; Yoga zum fixen Bestandteil gemacht... Es fühlt sich gut an. Ich werde nicht so leicht abgelenkt. Habe selbst während meiner heftigen Verliebtheit im Frühjahr (während der ich wochenlang NICHTS essen konnte) mein Programm nicht sausen lassen. Ich habe Ausdauer entwickeln können und Routine etabliert. Ich gehe in einen Wald und fühle mich dort willkommen und zuhause, das war im Frühjahr noch nicht so. Ich habe damals mit meinem Homöopathen stundenlang geredet, wie sehr es mich schmerzt, in die Natur zu gehen und mir wie ein Fremdkörper vorzukommen. Und jetzt bin ich schon so viel weiter! Ein schönes Gefühl.
Was ich jetzt verabschieden muss, ist der Geruch des Frühlings, die Unbeschwertheit, das Sitzen an meiner Weide (auch deshalb, weil ich nächste Woche nach Schweden aufbreche)... Meine Freunde, mein Zuhause, mein gut eingerichtetes Leben streife ich in wenigen Tagen ab und muss mir erst eine neue Haut basteln. Wahrscheinlich habe ich aus diesem Grund in den letzten Tagen Unmengen an Tüchern eingekauft. Um mir mein Zimmer in Schweden "anzuziehen". Um eine vorläufige Haut zu haben, nicht innerlich nackt herumlaufen zu müssen.
Ich freue mich aber auch auf diese süße Schwere des Herbsts, wenn die Arbeit wieder beginnt, ich voller Tatendrang und Elan in die Bücher springe, lerne, lese, lebe... Heiße Schokolade! Äpfel! Bunte Bäume... Naja, hat ja noch ein bisschen Zeit dorthin, aber irgendwie riecht die Luft schon ein kleines Bisschen danach...
Und dann die Saat, die nicht aufgegangen ist:
ein Mann ist wieder in meinem Leben aufgetaucht, stellt Vorsätze auf den Kopf, verdreht alles. Ich finde mich plötzlich wieder in exakt den selben Bedingungen wie vor 6 Jahren. Es stellen sich genau die selben Fragen, die selben Aufgaben. Ich dachte schon, dass ich ein bisschen weiter wäre. Bin ich nicht. Noch mal von vorne, bitte!
Ich habe nach wie vor Hass-Anfälle auf meinen armen Körper. Sie werden zwar seltener und weniger heftig. Aber sie sind und bleiben trotzdem teuflisch; denn sie fesseln, binden und blenden mich. Es ist ein langer Weg nach oben!
Nach wie vor habe ich Ess-Schübe; esse tagelang ständig, nur um den Hunger nicht zu spüren. Ich will nicht leer zu sein, nicht zum Verdauen kommen, usw. Meine Inspirationskarte ist der Stern aus dem Crowley-Deck.
Kühlend, lindernd, meditativ. Diese Karte fühlt sich an, wie der Idealzustand in meinem Körper: nie überladen, frei, beweglich, klar, sauber, frisch. Wie ein klarer Sternenhimmel eben...
Sonntag, 6. August 2006
Abschied - Inspiration
Jetzt sitze ich hier, löffle die Reste von meinem Abschiedsfeier-Eintopf und versuche in Worte zu fassen, was es bedeutet, dass ich meine geliebte Merla erst zu Weihnachten wieder sehe...
- die Inspiration, die sich einstellt, wenn ich mich durch ihren Schmuck, ihre Fotos, ihre Texte, ihre Bücher und Tücher wühle
- Fussbäder, Lachkrämpfe, Silvesternächte, Koch-Sessions, Heimatgefühle, Streicheleinheiten, Streitereien, Wein, Weibertratsch und Gesang
- aufeinander prallen, aneinander wachsen
- die Faszination, die zwei weibliche Universen aufeinander ausüben
- die Schönheit in ihrem Lachen und Weinen
- ihre Klarheit, Geradlinigkeit, Vielseitigkeit, Tiefe und Beseeltheit
- die Meinung gesagt zu bekommen!
Ich bin nicht traurig. Hab soviel getankt in den letzten Wochen, das jetzt Gelegenheit zum Wachsen und Reifen hat. Ich freue mich.
Mittwoch, 2. August 2006
Haltung bewahren. Stellung beziehen.
Wollte eigentlich etwas zum Thema Komplimente schreiben, das mich zur Zeit sehr beschäftigt. Habe aber bei einer Bloggerin über Menstration gelesen - und meinen Plan verworfen. Habe gestern meine Regel bekommen und bin erstaunt: über meinen Körper.
Erstens: mein Frühwarnsystem hat sich ausgeschaltet. Normalerweise ziehen die Brüste einige Tage vor der Regel. Diesmal: nichts. Plopp, war sie plötzlich da, ohne Vorwarnung, ohne nichts.
Zweitens: ich habe keine Schmerzen!
Die intensive Auseinandersetzung mit meiner Haltung und meinem Beckenboden in den letzten Wochen hilft jetzt anscheinend dem Bauch, zu entspannen. Erstaunlich, was ich beim Yoga alles herausgefunden habe:
ich sperre meinen Brustkorb ein, zurre die Schultern nach hinten, weil meine Brüste groß sind und ich Angst habe, dass sie "baumeln"...
ich gehe ins Hohlkreuz, seit ich denken kann - warum eigentlich? Vielleicht weil ich gelernt habe, dass man so einen "schönen" Hintern bekommt?
Wenn ich jetzt die Beine spiralig in den Boden schraube, die Füße die Erde treten lasse, das Becken in den Boden senke, das Brustbein hebe, mich dehne und öffne, erfüllen mich Gefühle des absoluten Glücks. Zugleich muss ich gegen Impulse ankämpfen, die mich wieder in die alte Haltung zurück ziehen. Aber es lohnt sich, die Augenblicke des Widerstands und des Zweifels auszustehen.
Ich kann nichts in und an mir verändern, solange sich in der Haltung meines Beckens der Gedanke ausdrückt, dass ich hier bin, um zu gefallen. Ich kann nichts verändern, solange ich meine Brüste zu kontrollieren versuche, weil sie mir oft zu groß sind und ich es nicht mag, wenn sie Aufmerksamkeit erregen. Ich kann mich nicht bewegen, ohne meinen Atem zu befreien, den ich einsperre damit mein Bauch sich nicht wölbt. Wenn ich meine Haltung geändert habe, stehe ich plötzlich vor einer hohen Mauer aus verkrusteten Gedanken, Gefühlen, Meinungen. "Wo willst du hin, mit diesen gelösten Schultern, diesem freien Brustkorb!?", fragen die Wächter auf der Mauer. Ich gehe auf sie zu. Mein Atem fließt, mein Bauch wird rund. Zweifel. Mein Becken sinkt, die Leisten werden flach, der Beckenboden ist stark. Ich fühle, es ist gut. Ich denke, dass ich den Schutzschild verliere, den sonst mein herausgestreckter Hintern bildet. Ich bin nackt. Hässlich. Schutzlos.
Es ist ein Wagnis. Ich muss Schönheit neu suchen, dort, wo es sich gut anfühlt. Es gibt "da draußen" keine Augen, die mich so streng betrachten, wie ich mich selbst. Ich darf geduldig bleiben.
Mein Körper wird weicher, offener, dehnbarer. Er meldet immer mehr, weil er spürt, dass ich immer genauer zuhöre: Schmerzen, Glückshormone, Offenheit, Angst, Beweglichkeit, Stärke, Freude...
Mein Mantra: Achtsamkeit.